Mit "Hauptsache Salat" verleiht Valentina Raffaelli dem Salat den Rang, den er viel zu oft nicht bekommt: den des Hauptdarstellers auf dem Teller. In 60 kreativen Rezepten zeigt die Autorin, dass Salat weit mehr sein kann als bloßes Grünzeug am Tellerrand. Modern, oft ungewöhnlich kombiniert und durchweg ansprechend präsentiert, laden die Gerichte dazu ein, das Konzept Salat ganz neu zu denken als vollwertiges, oft überraschendes Hauptgericht.
Besonders lobenswert ist der saisonale Aufbau des Buches. Jedes Rezept orientiert sich an der jeweiligen Jahreszeit und verwendet zumindest dem Anspruch nach Produkte, die in dieser Zeit frisch erhältlich sind. Damit verfolgt Raffaelli ein wichtiges Ziel: die Vielfalt von Obst- und Gemüsesorten zu bewahren und bewusster zu konsumieren. Allerdings zeigt sich hier auch eine gewisse Diskrepanz: Die Einteilung basiert auf italienischen Reife- und Erntezeiten und lässt sich nicht ohne Weiteres auf Deutschland übertragen. Gerade weil die italienische Köchin mehrere Jahre in Amsterdam gelebt hat, hätte man erwarten dürfen, dass sie diesen Umstand berücksichtigt oder zumindest Alternativen für den mitteleuropäischen Raum nennt.
Ähnliches gilt für ihren gut gemeinten Rat, vorzugsweise auf lokalen Märkten einzukaufen. In der Theorie charmant, in der Praxis aber nicht für alle Leserinnen umsetzbar insbesondere, wenn viele der verwendeten Zutaten hierzulande schwer erhältlich sind. Exotisch klingende Produkte wie Mizuna, Bottarga, Pioppini-Pilze oder Lampascioni mögen Feinschmeckerinnen begeistern, erschweren aber den Zugang für den Durchschnittskoch. Eine Liste mit gängigeren Alternativen hätte dem Buch gutgetan und es alltagstauglicher gemacht.
Dafür punktet Hauptsache Salat an anderer Stelle: Die Mengenangaben beziehen sich meist auf eine Portion eine simple, aber äußerst praktische Lösung, die das Hochrechnen für mehrere Personen deutlich erleichtert. Auch die Vorstellung unterschiedlicher Essig- und Ölsorten sowie die Grundrezepte für Würzöle, Konfitüren und Fermentiertes bieten Mehrwert, gerade für Leser*innen, die gern experimentieren oder auf der Suche nach neuen Basics für die Küche sind.
Nicht zuletzt überzeugt die Gestaltung: Die stimmungsvollen Fotos von Laura Spinelli und die charmanten Illustrationen von Luca Boscardin machen das Blättern zum Genuss und wecken Lust, gleich in der Küche loszulegen. Die hochwertige Aufmachung unterstreicht den Anspruch, Salat aus der Nische der langweiligen Beilage zu befreien.
Fazit: "Hauptsache Salat" ist ein visuell ansprechendes, ideenreiches Kochbuch, das Salat in seiner ganzen Vielfalt feiert. Kleinere Schwächen in der regionalen Übertragbarkeit und bei der Zutatenauswahl trüben den Gesamteindruck etwas, schmälert aber nicht das Potenzial für kulinarische Neuentdeckungen. Wer offen für neue Kombinationen ist und bereit, auch mal etwas zu improvisieren wird mit diesem Buch viele frische Impulse bekommen.