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Das Buch vom Kaspischen Meer

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Das Buch vom Kaspischen Meer ist die vielschichtige Reportage eines durch Raum und Zeit reisenden Schriftstellers auf der Suche nach dem Wesen des größten Sees der Erde und seiner Anrainerländer Kasachstan, Turkmenistan, Iran, Aserbaidschan und der russischen Republik Dagestan. In historischer Tiefenbohrung und persönlichen Begegnungen lotet er die zeitlichen und physischen Bewegungen in einem uns kaum bekannten Raum aus, der sich vom Kaukasus im Westen und der unermesslichen Steppe im Osten, dem Elburs-Gebirge im Süden und dem Wolgadelta im Norden erstreckt. Dieses monumentale geopoetische Werk macht das Kaspische Meer als ein die Kulturen trennendes Gewässer verstehbar.

Produktdetails

Erscheinungsdatum
29. März 2019
Sprache
deutsch
Auflage
1. Auflage
Seitenanzahl
1072
Autor/Autorin
Wassili Golowanow
Übersetzung
Valerie Engler, Eveline Passet
Verlag/Hersteller
Originalsprache
russisch
Produktart
gebunden
Gewicht
1353 g
Größe (L/B/H)
221/147/63 mm
ISBN
9783957577009

Portrait

Wassili Golowanow

Wassili Golowanow


, 1960 in Moskau geboren, war Journalist, Schriftsteller und Fotograf. Er arbeitete für verschiedene Literaturzeitschriften und veröffentlichte zahlreiche Bände mit preisgekrönten geopoetischen Essays und Reportagen. Er verstarb 2021 in Moskau.

Valerie Engler,


1974 geboren, ist Literaturübersetzerin aus dem Russischen und Armenischen Sie übersetzte u. a. M. Agejew, Julia Kissina und Alexander Ilitschewski. Sie lebt und arbeitet in Berlin.

Eveline Passet, geboren 1958, arbeitet als Übersetzerin aus dem Russischen und Französischen sowie als Rundfunkautorin in Berlin. Sie übersetzte u. a. Pennac, Constant, de Musset, Kuprin, Rosanow und Prischwin. 2014 erhielt sie den Übersetzerpreis des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft und 2017 den Literaturpreis »Zuger Übersetzer-Stipendium«.


Pressestimmen

»Wenn es so etwas wie fragmentarische Meisterwerke gibt, solche also, die man verehren muss, auch wenn ihrer gezackten Kontur die abschließende Rundung fehlt: dies ist eins. «
Burkhard Müller, Süddeutsche Zeitung Burkhard Müller, SZ - Süddeutsche Zeitung

Besprechung vom 12.04.2019

Schwarz der Stein und biegsam die Schlange
Rund um das Kaspische Meer: Wassili Golowanows wildes Reisebuch über Zentralasien

Das Kaspische Meer ist ein Überrest der sogenannten Paratethys, eines Ozeans, der vor fünfzig Millionen Jahren große Teile des heutigen Osteuropa bedeckte. Es ist noch größer als die nordamerikanisch-kanadischen Seen, gilt überhaupt als das größte Binnengewässer der Welt und ist als eine Art leere Mitte seit dem neunzehnten Jahrhundert bis heute das geostrategische Drehmoment Zentralasiens. "Nicht wenige Beobachter sind der Meinung, dass die wesentlichen Züge der zukünftigen Weltordnung sich gegenwärtig in dieser Region herausbilden", schrieb der australische, auch in London und Berlin lehrende Demokratieforscher John Keane 2015 in einem folgenreichen Aufsatz mit dem Titel "Die neuen Despotien". Die fünf Anrainerstaaten des Kaspischen Meeres - im Uhrzeigersinn: Aserbaidschan, Russland, Kasachstan, Turkmenistan und Iran - stellen einen Stoffmusterkatalog jener neuartigen Unterdrückungsregime dar, die Keane analysiert hat. Die Generalklausel des in ihnen herrschenden Gesellschaftsvertrags lautet: "Wir herrschen und stellen euch im Gegenzug für stille Loyalität Güter zur Verfügung." In den neuen Despotien entlang der von China projektierten "Neuen Seidenstraße" "lebt ein Großteil der Weltbevölkerung; und im Zuge der aktuellen atlantischen Wirtschaftskrise hat diese Region den Rest der Welt in Sachen Investitionen, Produktion und Exporte abgehängt. Sie ist der neue geopolitische Mittelpunkt unseres Planeten."

Dass der russische Reiseschriftsteller Wassili Golowanow das Kaspische Meer zum Thema eines gewichtigen Reisebuchs gemacht hat, ist demnach nicht so exotistisch, wie es dem deutschen Lesepublikum erscheinen mag. Sein Zugriff ist freilich nicht demokratie- und ökonomietheoretisch, sondern entschieden subjektiv. Er selbst bezeichnet sein Beobachtungs- und Schreibverfahren als "geopoetisch"; im amerikanischen Kontext würde man von "personal travel essayism" sprechen.

"Beim Reisen erfährt man schreckliche Wahrheiten über sich selbst", schreibt Golowanow. Aber das Reisen beschenkt ihn auch mit Epiphanien, die der Leser sowenig vergessen kann wie der Autor. "Sie fragen sich vielleicht: Was war denn da überhaupt? Ein verlassenes Ufer, blühende Tamarisken, ein schwarzer Stein, der wie die Flanke eines Wals aussah, ja und jener ,Kaspische Saphir', der, inspiriert von Herrn Dumas dem Älteren, über deine, des Autors Seiten zu spazieren beliebt? Nun ja, ungefähr so. Dazu noch im Sand die Spur einer Schlange, die sich in der Sonne gewärmt und danach tief im Gebüsch verkrochen hatte: Die Spur erinnerte an die elastische Linie eines Kalligrafen, an eine erstarrte Sinuskurve, die die Bewegung des biegsamen, gertengleichen Körpers bewahrt hatte. Sie sagen vielleicht: Das ist doch zu wenig fürs Glück! Ja, es ist wenig. Aber wer sagt uns, was und wie viel man braucht fürs Glück." Diese Passage über einen Küstenstreifen auf der kasachischen Halbinsel Mangyschlak ist typisch für den dialogischen Stil Golowanows.

Zentralasien ist nicht erst seit heute eine wegen ihrer Ressourcen und ihrer strategischen Bedeutung umstrittene Weltgegend. In elegant einmontierten Exkursen führt Golowanow in die historische Tiefendimension dieses Raums ein. Jahrhundertelang bestand die Geschichte jener Länder vor allem aus Invasionen und Raubzügen von Reiternomaden und später islamischen Reichen. Im neunzehnten Jahrhundert wurden die Landstriche um das Kaspische Meer schließlich zur Spielfläche des "Grand Game": der Expansion des russischen Zarenreichs nach Süden in Richtung Indien einerseits und andererseits der Versuche des britischen Empire, diese Expansionsbewegung zurückzudrängen und zu behindern. Das "Große Spiel" bestand aus einer jahrzehntelangen und unübersehbar komplizierten Verklumpung von Scharmützeln, diplomatischen Manövern, Invasionen und nicht zuletzt Forschungsreisen, bei deren Durchführung und Dokumentation sich auch deutsche Wissenschaftsabenteurer wie der gebürtige Tübinger Samuel Gottlieb Gmelin hervortaten.

Aber Golowanow kehrt aus solchen Exkursen immer wieder zu seiner persönlichen Erfahrung jener Länder zurück. Die Beschreibung einer fluchtartigen Busreise von Derbent - der Festungsstadt am schmalen Küstenstreifen zwischen Kaukasus und Meer an der Kontaktgrenze zwischen dem russischen Reich und dem persischen Kulturkreis - zurück nach Moskau ist ein Höhepunkt an Spannung und literarischer Qualität des langen und disparaten Buchs. Der Autor findet sich in Begleitung von lesgischen Händlern, dagestanischen Prostituierten und kalmückischen Kleinkriminellen, die ihn nur deshalb nicht zusammenschlagen, weil er sie davon überzeugen kann, dass er Schriftsteller ist - immer noch ein Zauberwort im postsowjetischen Kulturkreis. Spannend, rührend und typisch für das Buch ist diese Passage auch deshalb, weil die äußeren Dramen der beschriebenen Busreise nur die Kulisse sind für das innere Drama des Erzählers, der sich fragt, wieso er seiner langjährigen Lebensgefährtin Olga eigentlich nie einen Heiratsantrag gemacht hat - was er nach seiner Ankunft umgehend tut.

Eine weitere von vielen wunderschönen zentralasiatischen Vignetten Golowanows ist die Beschreibung seiner ambivalenten Freundschaft mit einem dagestanischen Wahabiten, bei dem er ein paar Wochen wohnt und der ihm einerseits als Person sympathisch ist, während seine Ansichten andererseits so vernagelt und bescheuert sind, dass Golowanow nach langen Versuchen, sich mit ihm zu verständigen, am Rande seiner Leidensfähigkeit resigniert aufgibt - ein ernsthafter und schließlich misslungener Dialog der Kulturen. In solchen Spiegelungen des geopolitisch Großen im Innenleben eines sympathischen, realistischen und abenteuerlustigen russischen "Achtundsechzigers" eröffnet dieses schöne (und irgendwie wilde) Buch die Chance, etwas Konkretes zu lernen über eine Weltgegend, von der wir in Zukunft noch viel hören werden.

STEPHAN WACKWITZ.

Wassili Golowanow: "Das Buch vom Kaspischen Meer".

Aus dem Russischen von Valerie Engler und Eveline Passet. Matthes & Seitz Verlag, Berlin 2019. 1072 S., geb.

© Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt.

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