Mit dem Leitthema »Wissen in Literatur« sind nicht die durch Literatur vermittelten und bewahrten Kommunikationen über kulturelle Gegebenheiten und Normen gemeint, die das Alltagshandeln anleiten oder dieses Verhalten reflektieren; gemeint ist vielmehr das in den Einzelwissenschaften seit dem 17. Jahrhundert produzierte (oder dort abgewiesene) >neue Wissen< über die Natur und den Menschen, das eine Änderung der humanen und sozialen Selbstdeutungen bewirkt. In der Folge entstehen konkurrierende Natur- und Darstellungskonzepte sowie neue Formen der poetischen Durchdringung des Wissens, die auf die Literatur und die Wissenschaften gleichermaßen zurückwirken.
Inhaltsverzeichnis
Inhalt: Friedrich Vollhardt, Wissen in Literatur im 19. Jahrhundert. Zur Einführung in den Band. - Michael Titzmann , Die >Bildungs-Manfred Engel, Naturphilosophisches Wissen und romantische Literatur, am Beispiel von Traumtheorie und Traumdichtung der Romantik. - Christian Begemann, Metaphysik und Empirie. Konkurrierende Naturkonzepte im Werk Adalbert Stifters. - Liliane Weissberg, Das starre Subjekt, das bewegliche Auge. Zur Geburt des >realistischen< Blicks. - Gerhart von Graevenitz, Wissen und Sehen. Anthropologie und Perspektivismus in der Zeitschriftenpresse des 19. Jahrhunderts und in realistischen Texten. Zu Stifters »Bunten Steinen« und Kellers »Sinngedicht«. - Eckhard Höfner, Wissenschaftsrezeption und Erzähler-Strategien im realistischen Roman des französischen und italienischen 19. Jahrhunderts. - Ulrich Charpa, Emil Du Bois-Reymonds »Goethe und kein Ende«. Analyse einer Ablehnung. - Katharina Grätz, Wissenschaft als Weltanschauung. Ernst Haeckels gelöste >Welträtsel< und ihr Text. - Walter Erhart, Die Wissenschaft vom Geschlecht und die Literatur der décadence. - Thomas Borgard, Robert Musils früher Beitrag zur Wissensgeschichte im Einflußbereich Lotzes und Fechners. - Peter Matussek, Intertextueller Totentanz. Die Reanimation des Gedächtnisraums in Hofmannsthals Drama »Der Tor und der Tod«. - Horst Thomé, Weltanschauungsliteratur. Vorüberlegungen zu Funktion und Texttyp.