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Produktbild: Zhan Dui. Geschmolzenes Eisen.
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Zhan Dui. Geschmolzenes Eisen.

Die Legende von Khampa

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Zhan Dui liegt in der alten tibetischen Region Kham. Heute ist es der Kreis Xinlong des tibetischen Autonomen Bezirks Garz in der chinesischen Provinz Sichuan. Die Tibeter dieser Region, die Khampas, waren schon immer besonders unerschrocken. Unter ihnen waren die Einwohner von Zhan Dui besonders für ihre Tapferkeit bekannt. Sie waren stolz darauf, wie aus Eisen zu sein.
Dies ist ein ungewöhnliches Buch. Auf den ersten Blick handelt es sich um die Übersetzung eines chinesischen historischen Romans ins Deutsche. Das ist auch nicht falsch. Allerdings handelt es sich weder um einen Roman, noch behandelt der Autor A Lai hier ein chinesisches Thema, wie es der westliche Leser gewohnt sein mag. Wie der Autor selbst in seinem Vorwort schreibt, ist dieses Buch kein fiktiver Roman. Es ist auch keine historische Erzählung, denn nichts an dem Inhalt ist von A Lai erdacht worden. Es ist am ehesten eine Kompilation, also eine Zusammenstellung von Materialien, Fundstücken, Dokumenten und mündlicher Überlieferung, die A Lai anfangs nebenbei, später aber in unermüdlicher Kleinarbeit und gründlicher Recherche zusammengetragen hat. Wie der Autor selbst sagt, stieß er zufällig auf die Geschichte Zhan Duis, wurde von ihr immer mehr gefangen genommen und begann, ihre Spuren Stück für Stück freizulegen. Es war gar nicht notwendig, sich etwas auszudenken, denn die Geschichte erzählt sich selbst. A Lai hat die komplexe Aufgabe übernommen, sie auszugraben, in Form von Schriften und Zitaten sprechen zu lassen und sie so zu arrangieren, dass sie für den Leser in geschlossenes Narrativ ergibt. Dieser Prozess erfordert sicher nicht weniger Arbeit und Geduld, Kreativität und Fantasie wie das Verfassen eines richtigen Romans. Auf der anderen Seite ist Zhan Dui kein bloßes Geschichtsbuch. A Lai ist kein Historiker und erhebt auch nicht den Anspruch, hier eine wissenschaftliche Abhandlung vorzulegen - auch wenn das authentische Material dafür durchaus taugen würde. Der Autor nutzt seine Fähigkeiten als Erzähler und erschafft eine Geschichte aus der Realität. Dabei kann er sich größere Freiheiten als ein Historiker leisten und so webt er offizielle Dokumente wie den Schriftverkehr zwischen hohen chinesischen Beamten in Sichuan und dem Kaiser zusammen mit Fundstücken aus lokalen Chroniken und anderen Quellen und bereichert unser Bild von den Vorgängen um Zhan Dui durch Volkserzählungen und Legenden - unabhängig davon, ob sie nun wahre Geschichten transportieren oder nicht. Wer gerne historische Literatur liest und vielleicht schon einmal zu Werken über die Geschichte Chinas oder Tibets gegriffen hat, wird grundsätzlich mit Land und Kultur vertraut sein. Aber üblicherweise herrscht in solchen Bänden Eindeutigkeit: Es geht um ein festgelegtes Gebiet, es geht um China. Oder Tibet. Oder vielleicht Hainan. Auf jeden Fall ist die Zuordnung eindeutig. Zhan Dui wie die ganze Geschichte Khams ist viel komplexer - und spannender. Es geht um eine Grenzregion. Kham ist tibetisch geprägt, gehörte aber zur chinesischen Provinz Sichuan. Das Besondere an dieser Region ist also in mehrfacher Hinsicht ihr Doppelcharakter: Sie gehört sowohl zu Tibet wie zu China und sie ist gleichzeitig für beide Kulturräume an der Peripherie. Das galt für Kultur und Sprache ebenso wie für die Verwaltung. Diese kulturell tibetischen Regionen Sichuans waren nicht in die normale Verwaltung eingebunden. Dies betraf nicht nur die tibetisch geprägten Regionen, sondern weite Teile der Provinzen in Chinas Südwesten. Weite Regionen in Provinzen wie Sichuan, Yunnan, Guizhou oder Guangxi gehörten zwar theoretisch seit Jahrhunderten zum chinesischen Kaiserreich, in der Praxis wussten die han-chinesischen Machthaber aber nur wenig über diese Gebiete und die Ethnien, die dort lebten. Sie waren weder militärisch noch verwaltungstechnisch zu kontrollieren, und somit führten die Vertreter der kaiserlichen Regierung ein System ein, das sich mit dem Prinzip des Indirect Rule vergleichen lässt, das besonders Großbritannien in vielen seiner Kolonien anwendete: Man versuchte gar nicht erst, die einzelnen Ethnien direkt unter Kontrolle zu bringen, sondern ernannte die Hauptleute zu Vertretern der Regierung, den Tusi. Das war eine höchst elegante Lösung: Erstens blieben die örtlichen Machtstrukturen unangetastet, aus Sicht der neuen Völker Chinas änderte sich wenig. Zweitens konnte si

Inhaltsverzeichnis

Kapitel Eins
Auf den Weg von Sichuan nach Tibet hatte es einen Zwischenfall gegeben, der eigentlich wenig bemerkenswert war: Eine Gruppe von 36 Personen wurde von Räubern auf Tibetisch Jag-Rkun überfallen. Es war damals nicht ungewöhnlich, wenn eine Gruppe beim Durchqueren eines so abgelegenen Gebiets ausgeraubt oder sogar getötet wurde. Dieser Zwischenfall aber wurde sofort an den Generalgouverneur der Provinzen Sichuan und Shaanxi Qingfu gemeldet, der die Nachricht unverzüglich an den Qianlong-Kaiser weiterleitete. Dieser Überfall war etwas Besonderes: Die Opfer der Jag-Rkun waren kaiserliche Soldaten.
Ein kleiner Zwischenfall
Zhan Dui, die Vergangenheit
Die Vorbereitung des Krieges
Der Kaiser schickt Soldaten aus
Der große Marsch
Das Ende des Jahres 1746
Zwischenspiel: Tibetische Soldaten
Der Generalgouverneur verlässt den Pass
Die Ankunft des kaiserlichen Gesandten
Zhan Dui und Tibet
Der Sieg
Glossar

Produktdetails

Erscheinungsdatum
09. November 2021
Sprache
deutsch
Seitenanzahl
360
Altersempfehlung
von 16 bis 99 Jahren
Herausgegeben von
Wang Jing
Übersetzung
Beidi Meng, Cord Eberspächer
Illustrationen
10 schwarz-weiss Abbildungen
Verlag/Hersteller
Produktart
gebunden
Abbildungen
10 schwarz-weiss Abbildungen
Gewicht
624 g
Größe (L/B/H)
31/174/216 mm
ISBN
9783991140139

Pressestimmen

Besprechung vom 10.02.2022

Oh, wie wenig schön war Tibet
Romantisierung ist seine Sache nicht: A Lai erzählt in dem Montageroman "Zhan Dui" die Geschichte von Unterdrückung und Widerstand seiner Heimat

Tibet nimmt im Denken der Deutschen eine nostalgische Stellung ein. Dies hat mit dem Erfolg eines Buchs aus dem Jahr 1952 zu tun. "Sieben Jahre in Tibet" lautet der Titel, unter dem der Bergsteiger Heinrich Harrer (1912 bis 2006) seine Erlebnisse zwischen 1944 und 1951 im Umfeld des Dalai Lama niedergelegt hat. A Lai (geboren 1959), ein Schriftsteller tibetisch-chinesischer Herkunft, würde die Haltung von Harrers Buch als Romantisierung bezeichnen. In der Tat entwirft er mit seinem Roman "Zhan Dui - Geschmolzenes Eisen" ein völlig anderes Bild als das, welches der Dalai Lama zu verbreiten beliebt: keines von Frieden und Eintracht im damals noch unbesetzten Tibet, sondern eines von Krieg und Raub.

Als ich 2015 den Autor in Chengdu kennenlernte, wahrten wir zunächst Distanz. A Lai war nicht sehr glücklich über meine Kritik an der chinesischen Gegenwartsliteratur, in die ich ihn 2006 miteinbezogen hatte. Wir kamen trotzdem ins Gespräch miteinander. Seine Offenheit und sein Mut überraschten mich. Er sprach von der Schwierigkeit, seinen neuesten Roman in China zu veröffentlichen, und von seinem Unwillen, der Zensur nachzugeben. Wahrscheinlich handelte es sich dabei aber nicht um das Werk, das der Historiker Cord Eberspächer nun zusammen mit der Übersetzerin Beidi Meng ins Deutsche gebracht hat.

Das Genre des Romans scheint der Autor eigenwillig gewählt zu haben. Denn er mischt tibetische und chinesische Dokumente, die er mit Kommentaren, Erklärungen und vor Ort getätigten Beobachtungen begleitet. Sein "Held" ist ein Kreis in der Provinz Sichuan, den er gründlich bereist und ergründet hat. Der hieß früher Zhandui und wird hauptsächlich von Tibetern bewohnt. In der Umschrift wird durch die getrennte Schreibung "Zhan Dui" aus dem Gebiet eine Person. Wir haben es also mit einem Dokumentarroman zu tun, wie er heute modisch geworden ist. Aktuelle Werke von Manfred Wieninger ("Die Banalität des Guten") oder Liao Yiwu ("Wuhan") warten im Untertitel mit der genannten Bezeichnung auf.

Wie jedes gute Buch spielt "Zhan Dui" auf zwei verschiedenen Ebenen. Auf der einen Seite scheint der Erzähler die Geschichte der heutigen Kreisstadt Xinlong im nun Abazhou genannten Landkreis nachzuzeichnen, auf der anderen Seite erhebt er jedoch seine Erkenntnisse zu allgemeinen Betrachtungen über das neue China, dessen (autonomer) Teil die Provinz Tibet ist. Dabei stehen die historischen Ereignisse der letzten zweihundert Jahre im Vordergrund.

Die Bewohner des damaligen Zhandui bezeichnete man nach dem Landstrich Kham als Khampas. Sie galten als eisenhart und widersetzten sich aufmüpfig Gegnern jeglicher Art, ob Tibetern aus dem benachbarten Staat Tibet, von Peking entsandten Han-Chinesen oder den Mandschuren, die im achtzehnten Jahrhundert Lhasa dem chinesischen Kaiserreich der Qing (1644 bis 1911) zugeschlagen hatten. Zuletzt auch den Engländern, der Republik China (1912 bis 1949) und den Kommunisten. Und wenn die Khampas keine Kleinkriege führten? Dann gingen sie je nach Bedarf auf Raub aus. Raufhändel und Rache gehörten zum täglichen Leben.

Gab es keine Tempel, keine Mönche, keine Lamas, die diesem ständigen Mord und Totschlag Einhalt geboten hätten? Nach A Lai nicht, denn die heiligen Stätten waren wehrhaft: Sie verfügten über Krieger innerhalb ihrer Tore, und der Klerus griff selbst gern zu den Waffen. Man fürchtete nicht den Tod; Schimpf und Schande wirkten schlimmer.

A Lai entwirft die tibetische Welt als eine arme und rückständige. Reformer kamen aus dem noch kaiserlichen Peking, doch zu spät, als dass sie etwas hätten bewirken können. Von einem Groß-Tibet ließ sich vor 1949 nur träumen. Es ist jedoch dieses gläubige und arme Land, welches nicht nur die Sehnsüchte der Deutschen auf sich zog, sondern ebenfalls die junger hanchinesischer Schriftsteller, die in den Achtzigerjahren Lhasa aufsuchten und begeistert beschrieben, denn dort war man noch nicht den vermeintlichen Segnungen der Moderne verfallen. Ohne Straßennetz, moderne Waffen oder öffentliche Toiletten (Notdurft wurde vor aller Augen auf den Wegen verrichtet) bot sich das Leben als urwüchsig, schlicht und damit verführerisch an.

A Lai warnt vor der westlichen Verherrlichung des Dalai Lama, er kritisiert aber ebenfalls das hanchinesische Missverständnis einer auf tiefem Glauben basierenden und weniger materialistisch eingestellten Gesellschaft. Er entwirft ein bedenkenswertes Bild von unten, ohne Verzerrung, in Sachlichkeit und Ruhe. Die vielen historischen Scharmützel, die er anführt, erschweren zunächst die Lektüre, doch aufgrund der flüssig lesbaren Übersetzung legt man das Werk nicht vorzeitig aus den Händen. Kritisch anzumerken ist lediglich eine Reihe von Druckfehlern, grammatischen Fragwürdigkeiten und stilistischen Unzulänglichkeiten. Doch darf man nicht die Schwierigkeit einer angemessenen Übertragung bei der Beurteilung außer Acht lassen. WOLFGANG KUBIN

A Lai: "Zhan Dui - Geschmolzenes Eisen". Die Legende von Khampa.

Aus dem Chinesischen von Cord Eberspächer und Beidi Meng. Bacopa, Schiedlberg 2021. 359 S., geb.

© Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt.

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