Im Königinnenreich Inys werden Drachen gefürchtet und verachtet. Kehren die Drachen zurück, endet die Herrschaft der heiligen Königin, deren Vorfahrin einst den obersten Feuerdrachen bezwang. Auf der anderen Seite der Welt sind die Drachen Götter, nur die besten der Besten werden ausgewählt, um auf ihrem Rücken zu kämpfen. Als sich eine feuerspuckende Bedrohung über den Kontinent erhebt, wird die Prophezeiung wahr, die Drachen werden kommen... Wer eine Reise nach Yscalin, Seiiki oder Inys unternehmen will, der sei gewarnt: Die Welt, die der Leser auf diesen Seiten betritt, kann etwas erschlagend wirken. Vor allem, wenn man neu im Fantasy-Genre ist. Auch wenn die Autorin ihre umfangreiche Welt nach und nach erklärt, ein Glossar und eine Karte angefügt hat, braucht es seine Zeit, um mit der Geschichte warm zu werden, einfach, weil es unfassbar viele Protagonisten, Orte und Länder gibt, von höfischen Intrigen und Vorgeschichte einmal abgesehen. Dennoch wird schon am Anfang klar, dass Samantha Shannon mit dem "Orden des geheimen Baumes" eine Geschichte epischen Ausmaßes spinnt, bei der man als Leser Protagonisten begleitet, die einander noch gar nicht kennen, dem Fallen vieler kleiner Würfel zuschauen kann, noch ohne das große Ganze erblicken zu können, da sich dieses erst nach und nach entwickelt. Mit anderen Worten: die Geschichte der klingenwerfenden Kammerfrau Ead, der jungen Drachenreiterin Tané und ihren Gefährten ist vielschichtig und braucht ihre Zeit, um in Fahrt zu kommen. Doch dann erwarten den Leser mit Durchhaltevermögen ein ausgeklügeltes Weltsystem, Verstrickungen und Intrigen, auch eine Prise Romantik, exotische Länder und Kämpfe, Piraten und natürlich auch Drachen, majestätische wie bedrohliche, europäische wie asiatische. In der zweiten Hälfte macht das Buch seinen zähen Anfang mehr als wett und endet mit einem Versprechen auf noch mehr Spannung im zweiten Band ... In dem es dann vermutlich auch weniger verwirrend zugeht.Mit der Atmosphäre eines Epos aus dem Mittelalter, mit wettstreitenden Religionen, die sich gegenseitig von der Weltkante zu stoßen versuchen, mit Rittern, Zofen und königlichen Gewändern entführt die Autorin den Leser in eine Welt, die die Reise wirklich wert ist.