Obwohl sich die ersten 60 Seiten ein wenig gezogen haben, muss ich sagen, dass es mich danach komplett abgeholt hat.
Also eins vorweg: Infernas hat mich definitiv abgeholt auf vielen Ebenen. Die Geschichte hat eine besondere Atmosphäre, die sich irgendwo zwischen düsterer Magie, leiser Romantik und großen Fragen nach Gut und Böse bewegt. Es ist kein Buch, das man mal eben liest und dann zur Seite legt. Vielmehr begleitet es einen mit all seinen Figuren und Wendungen auch zwischen den Kapiteln weiter.Der Einstieg fiel mir leicht, obwohl Everly als Protagonistin anfangs sehr oft betont, wie lange sie schon in dieser besonderen Situation steckt. Sieben Jahre, sieben Jahre, sieben Jahre... ja, wir haben es verstanden. Trotzdem mochte ich sie, weil sie Ecken und Kanten hat, weil sie nicht perfekt ist und weil man mit ihr wachsen darf. Dass ihr großes Geheimnis schon früh erkennbar ist, hätte man meiner Meinung nach nicht zwingend auf dem Klappentext verraten müssen das hätte der Geschichte etwas mehr Spannung am Anfang verliehen.Besonders spannend fand ich den Teil, in dem erklärt wird, wie alles entstanden ist. Dabei stellt sich ganz klar die Frage, ob die vermeintlich "Guten" wirklich nur Gutes im Sinn hatten oder ob auch in ihnen etwas Dunkles schlummert. Immerhin hat diese Macht einst so ausgereicht, dass man sie überhaupt aufteilen musste. Und genau das macht es so spannend nichts ist einfach nur schwarz oder weiß.Ein Charakter, der mir allerdings sehr gegen den Strich ging, war Enya. Ihre Art war für mich stellenweise schwer zu ertragen, gerade, weil sie selbst unter Druck stand und dann mit denselben Mitteln zurückschlägt. Das hat bei mir eher ein unangenehmes Gefühl hinterlassen. Dass sie so leicht eine gewisse Situation aufdeckt, hat mich dann doch überrascht besonders weil ich dachte, gewisse Figuren hätten mehr Gespür.Dafür habe ich mich über das Verhältnis zwischen Everly und ihrer Schwester gefreut. Es war schön zu sehen, dass da echtes Vertrauen da ist.Ich hätte mir gewünscht, Everly hätte Melodie noch mehr anvertraut, denn ich glaube, sie hätte vieles besser verstanden.Was ich absolut geliebt habe, waren die Rückblicke gerade die Szenen, die Einblicke in die Vergangenheit von Dante geben. Sie machen vieles klarer, auch wenn die Prophezeiung trotzdem ein Mysterium bleibt. Aber man spürt: Everly ist der Schlüssel zu allem. Wie und warum, das ist noch nicht ganz greifbar, aber die Spannung ist da.Das Worldbuilding ist definitiv einer der großen Pluspunkte des Buches. Infernas als Ort, als Konstrukt, als etwas Lebendiges wirkt faszinierend und greifbar. Man hat wirklich das Gefühl, dort zu sein. Besonders das Herz von Infernas hat es mir angetan - diese Idee, dass sich das Gebäude verändert und eine Art Eigenleben besitzt, fand ich wahnsinnig spannend. Es lebt, atmet, beobachtet und passt sich an. Mehr davon? Gerne! Da wäre sogar noch Luft nach oben.Die Dämonen hingegen sind mir nicht ganz so bildlich vor Augen getreten da hätte ich mir noch ein wenig mehr Beschreibung gewünscht, um sie besser greifen zu können.Auch die Dynamik zwischen Dante und Everly hat mir richtig gut gefallen. Es entwickelt sich nicht zu schnell, nicht zu erzwungen sondern glaubhaft, nachvollziehbar, mit Ecken, Zweifeln, aber auch intensiven Momenten. Man spürt: Da passiert was. Die beiden fühlen sich zueinander hingezogen nicht nur körperlich, sondern auch seelisch. Die Chemie stimmt, selbst wenn beide es sich (noch) nicht eingestehen wollen.Dante selbst bleibt bis zuletzt ein sehr rätselhafter Charakter. Sein Handeln ist oft schwer zu durchschauen, aber gerade das macht ihn spannend. Ich finde es schön, wie Everly ihn Stück für Stück verändert wie sie ihm Kraft gibt, ihn erdet und ihn vielleicht sogar rettet.Roarke ist da ganz anders ruhiger, loyal, sehr einfühlsam. Zwischen ihm und Everly entsteht etwas Echtes, Vertrautes.Keine typische Dreiecksgeschichte, sondern eher ein freundschaftliches Band, das auf Respekt und Verständnis beruht. Er ist ein Charakter, der mir richtig ans Herz gewachsen ist.Amira bringt ordentlich Feuer in die Geschichte. Ihr Temperament ist verständlich, ihre Wut nachvollziehbar und trotzdem fragt man sich, warum ausgerechnet sie außen vor gelassen wird. Gerade im Vergleich zu Roarke wirkt sie unberechenbarer, aber auch verletzlicher. Und was sie am Ende tut, lässt einen mit offenem Mund zurück.Das Ende? Heftig. Emotional, dramatisch, mit einem fiesen Cliffhanger, der mich fast wahnsinnig gemacht hat. Zum Glück muss man auf den nächsten Band nicht ewig warten, denn ich brauche dringend Antworten. Gerade was die Prophezeiung angeht ich bin mir nicht sicher, ob wirklich alles so kommen muss, wie es vorhergesehen wurde. Everly war immer die Konstante, die Licht bringt. Und ich hoffe sehr, dass sie das bleibt.Fazit:Infernas ist eine vielschichtige, atmosphärische Geschichte mit starkem Worldbuilding, spannenden Charakteren und echten Emotionen. Es ist düster und romantisch, laut und leise zugleich und lässt einen nicht so schnell los. Einige Figuren nerven, andere berühren. Einige Szenen überraschen, andere lassen einen wütend oder glücklich zurück. Und genau deshalb hat das Buch für mich ganz klar 4 bis 5 Sterne verdient.