Ein Roman, der mehr verspricht, als er hält
Der Anfang der Gesichte war vielversprechend. Die ersten Kapitel haben mich gepackt, der Ton war ernst, der Aufbau intensiv. Doch je weiter ich las, desto mehr löste sich die Spannung in der Luft auf.Die Welt, die hier gezeichnet wird, ist eine Mischung aus Magie, Unterdrückung und fremder Herrschaft. Vieles wird angedeutet, aber nicht vertieft. Gerade beim Worldbuilding hätte ich mir mehr Substanz gewünscht, mehr Greifbarkeit, mehr Mut zur Komplexität.Die Hauptfigur, Ruying, ist kein typischer Fantasy-Charakter und das mochte ich zunächst. Ihre Zerrissenheit, ihre innere Unruhe, das ständige Gefühl, falsch und fehl am Platz zu sein, machten sie interessant. Doch im Verlauf der Geschichte verlor ich den Zugang zu ihr. Einige ihrer Entscheidungen wirkten sprunghaft, manche Entwicklungen unausgereift.Was die Dynamik zwischen den Charakteren betrifft blieb bei mir vieles flach. Es fehlte an Tiefe, an echter Verbindung, an nachvollziehbarer Entwicklung.Was mich aber dennoch gehalten hat, war der Stil. Direkt, klar, stellenweise hart, aber mit Momenten, die poetisch aufblitzen. Genau in diesen Passagen lag das größte Potenzial des Buches.Mein Fazit: Eine Geschichte, die ambitioniert beginnt, aber unterwegs zu viel liegen lässt. Wer düstere Stoffe mit ernster Grundstimmung mag, wird hier sicherlich Momente finden, die nachwirken, doch das große Ganze bleibt blass. Ein Buch, das mich leider nicht so mitreißen konnte, wie ich es mir gewünscht hätte.