Einen Reiseführer fürs deutsche Publikum mit einem englischen Titel zu versehen, grenzt leider an Hirnlosigkeit. Oder an Selbstverleugnung. Martin Brambach hat schon einmal in dieser Reihe ein Buch geschrieben. Und da er einen "Tatort-Kommissar" in Dresden spielt, trat der Verlag an ihn heran und bat ihn, nun auch ein solches Buch über Dresden zu verfassen, zumal er schließlich in Dresden geboren wurde. Nun ja, wer kann bei diesem schmeichelhaften Angebot schon widerstehen. Brambach konnte es nicht. Der Verlag allerdings hatte den richtigen Marketing-Riecher, denn das Buch verkauft sich gut.Da die Tatort-Macher nicht unbedingt ein gutes Verhältnis zur Realität besitzen, muss man sich auch nicht wundern, wenn sie nicht gemerkt haben, dass Brambach in diesen Filmen zwar zu sächseln versucht, daran aber für Dresdener Ohren gar schrecklich scheitert. Brambach ist natürlich kein wirklicher Ossi, obwohl er als Kind in Dresden und Ost-Berlin wohnte. Seine Mutter nutzte einen West-Aufenthalt zur Flucht und holte ihren Sohn dann nach. Von Dresden hat Brambach keine große Ahnung. Was zählt ist also nur seine Tatort-Rolle. Einiges, was er von Dresden nicht weiß, hat er sich von seinem Vater, der hier offenbar noch wohnt, und anderen Leuten erklären lassen. Das ist auch grenzwertig, aber in der Reiseführer-Branche nicht unüblich.Dennoch hat mir sein Buch gut gefallen, bis auf einige Ausnahmen jedenfalls. Ich komme darauf später zurück. Die grobe Karte gleich am Anfang ist unerwartet aktuell, denn es fehlt die Carolabrücke, die infolge der großherzigen Sorge der Mächtigen um ihr Land mal eben eingestürzt ist. Leider hat der Verlag nicht mitbekommen, dass sie dennoch im Text vorkommt, auch wenn sie auf der Karte unauffindbar ist.Brambach spaziert anfangs durch Dresden und zeigt und kommentiert einige der vielen Sehenswürdigkeiten im Zentrum. Ohne Karte oder elektronische Hilfsmittel wird man manches nicht so einfach finden. Aber was Brambach in seiner angenehmen Art schreibt, hat meistens Hand und Fuß. Besonders die Angaben zu den Adressen, Öffnungszeiten usw. sind sehr nützlich.Da Brambach Künstler ist, konnte man erwarten, dass er die Dresdner Neustadt als "das kreative Herz Dresdens" wahrnimmt. Dieser Stadtteil ist das Siedlungsgebiet der Grünen-Fans. Wenn man auf Hundehaufen ausrutschen möchte, ist die Wahrscheinlichkeit dafür dort am größten. Kreativ ist bei Menschen wie Brambach ein Synonym für Kunst, die meistens keiner braucht. Im Übrigen waren es vor allem die Bewohner dieses Viertels, die den Bau der Waldschlößchenbrücke verhindern wollten, für die die Dresdener Elbwiesen ihren Weltkulturerbe-Status verloren haben. Die Dresdner hatten sich per Volksentscheid mit einer Zweidrittelmehrheit für den Bau entschieden, denn die Sachsen sind im Gegensatz zu den grünen Weltverbesserern ein praktisches und wirklich kreatives Volk. Ohne diese Brücke wäre das Verkehrschaos nach dem Einsturz der Carolabrücke wohl nicht beherrschbar.Dresden ist im Vergleich zu anderen Orten eine sichere Stadt. Sucht man nach Kriminalitätsschwerpunkten, dann findet man den Wiener Platz (Hauptbahnhof) und mehrere Ort in der Dresdner Neustadt. Kein Zufall, und kein Wort dazu bei Brambach. Dresden ist im Übrigen eine Stadt der Wissenschaft und Technik. Wirkliche Kreativität kann man dort finden und nicht im Milieu der selbsternannten Alternativen.Ob man Brambachs Familiengeschichte in einem Reiseführer braucht, sei dahingestellt. Und alles, was in diesem Reiseführer außerhalb der Stadtgrenzen von Sachsens Hauptstadt liegt, wird allenfalls dürftig beschrieben. So hält Brambach den Prießnitz-Grund für die Dresdner Heide. Er ist aber nur ein kleiner Teil dieses wunderschönen Waldgebietes. Auch Brambachs Beschreibungen der Sächsischen Schweiz sind sehr rudimentär. Man kaufe sich besser einen speziellen Wanderführer dafür. Immerhin wissen die Bilder zu überzeugen.Dafür, dass der Mann eigentlich keine Ahnung von Dresden hat, ist dieser Reiseführer besonders wegen seiner persönlichen Note und seines angenehmen Stils ganz gut gelungen, jedenfalls so lange es nur um Dresden geht.