Niebüll, 1946: Lena Both ist vor einem Jahr gemeinsam mit ihrer Schwester in den nordfriesischen Ort gekommen. Damals hatte sie nichts und war vollkommen geschwächt von der Flucht und den Strapazen des langen Weges von Pommern nach Nordfriesland. Doch mittlerweile hat sich einiges in ihrem Leben geändert und sie ermöglicht nicht nur ihrer Schwester Margot den Besuch des Gymnasiums, sondern arbeitet auch hart dafür, ihre Mutter und ihre Schwester Lieselotte aus einem Flüchtlingslager in Dänemark nach Niebüll zu holen. Doch dafür braucht sie Geld und ein Zimmer, das groß genug für sie vier ist. Das Leben im kleinen Städtchen Niebüll fühlt sich für Lena aber nach wie vor nicht nach Heimat an, denn ständig wird sie von Einheimischen mit komischen Blicken angesehen und auch Fräulein Gerdes, der sie alle drei Wochen beim Waschen der Wäsche hilft, macht immer wieder seltsame Andeutungen über Gerüchte, die ihr über Lena zu Ohren kommen. Einzig ihr Freund Rainer ist ein Lichtblick ins Lenas Leben, treffen sie sich doch regelmäßig zu Spaziergängen und können dann über alles sprechen. Allerdings wartet Lena nun schon sehr lange auf Annäherungsversuche von Rainer, hat sie sich doch ein wenig in ihn verguckt und eigentlich gedacht, dass er ähnliche Gefühle für Lena hat...
Hanna Aden erzählt das Leben der neunzehnjährigen Lena auf eine sehr einfühlsame und authentische Weise. Denn das Leben des Flüchtlingsfräuleins ist alles andere als einfach. Scheut sie doch die Arbeit nicht, ist immer freundlich und ehrlich und doch kursieren immer wieder Gerüchte über sie und ihre angeblichen Missetaten und machen ihr so einen Neuanfang in Niebüll unnötig schwer. Obwohl der Roman größtenteils aus Lenas Sicht erzählt wird, kommen auch andere Charaktere wie Rainer, Erwin, Doro oder Gisela zu Wort und dürfen in eigenen Kapiteln ihre Perspektive schildern. So entsteht eine weit größere Tiefe und Mehrschichtigkeit der Handlung.
Bereits der erste Band über Lena und ihr Leben in Niebüll war sehr fesselnd, daher bin ich mit großen Erwartungen in dieses Buch gestartet. Ich wurde allerdings nicht enttäuscht und war auch jetzt wieder vollkommen gefesselt von Lenas Schicksal. Es gefällt mir, wie realistisch und authentisch die Autorin über die damalige Zeit und das Leben als Flüchtling erzählt und mir so immer wieder das Gefühl gibt, gerade selbst Teil der Handlung zu sein. Ein packendes Lesehighlight!