Die Sucht nach Verbrechen: Wie Internetdetektive in True-Crime-Fällen ermitteln ist ein besonderes Sachbuch. Es ist in zwei Hauptteile gegliedert, die sich mit verschiedenen Aspekten von Recherchearbeiten von Internetdetektiven, der True-Crime-Kultur und mit mysteriösen Cold Cases befassen.
Websleuthing steht dabei im Zentrum, welches das Vorgehen von Menschen beschreibt, die das Internet so zu nutzen, dass sie Hinweise zu ungelösten Kriminalfällen sammeln können. Dabei tauschen sie sich online auf bestimmten Plattformen mit anderen Interessierten darüber aus und entwickeln Theorien, was geschehen sein könnte. Das Ziel ist meist, die Fälle aufzuklären oder aber durch ihre Zuarbeit die Ermittlungsbehörden zu unterstützen.
Der erste Teil umfasst die Kapitel 1 bis 4. Für mich eindeutig der wissenschaftlichere Hauptteil, der mit reichlichen Zahlen und enorm viele Informationen zu überzeugen weiß. Obwohl sich Christian Hardinghaus viel Mühe gibt, verständlich zu schreiben, fühle ich mich manchmal von der Flut an Erklärungen beinahe erdrückt. Da ist es vom Vorteil, dass ich ohne Probleme zwischen dem ersten und zweiten Teil hin- und her wechseln kann.
Im ersten Kapitel werden grundlegende Begrifflichkeiten wie Websleuth erklärt und die Intention hinter den einzelnen Kapiteln umrissen. Hier finden sich zahlreiche Statistiken und kurze Erwähnungen von Verbrechen, die jedoch nicht im Detail behandelt werden. Dies wiederum verleitet mich zur selbstständigen Recherche.
In Kapitel 2 untersucht Christian Hardinghaus den individuellen Antrieb, der den Konsum von True Crime fördert, sowie die soziologischen Entwicklungen, die das gesellschaftliche Interesse an diesem Genre unterstützen. Das finde ich äußerst interessant, zumal hier darauf hingewiesen wird, dass die Ansätze wissenschaftlich noch nicht zur Gänze belegt sind.
Kapitel 3 schildert die Evolution der Gattung True Crime und zeigt auf, wie sich die Darstellung von Verbrechen im Laufe der Zeit verändert hat. Besonders der Blick in die Vergangenheit ist sehr interessant für mich. Gern hätte ich dieses Kapitel etwas umfangreicher gehabt, denn es zeigt deutlich, dass die Faszination an Verbrechen die Menschheit schon früh begleitet hat.
Kapitel 4 widmet sich Fallbeispielen, bei denen die Miss- und Erfolge der Internetdetektive beleuchtet werden. So wird klar, dass sie tatsächlich eine Bereicherung für die Strafverfolgungsbehörden sein können, jedoch auch schnell die Gefahr einer modernen Hexenjagd besteht, bei der Unschuldige ins Visier übereifriger Internetdetektive kommen. Mich hat das Kapitel sehr beeindruckt. Spannend finde ich auch, wie Christian Hardinghaus die Arbeit der Internetdetektive beleuchtet und welche Foren es für sie zum Austausch gibt. Besonders interessant finde ich auch die Regeln, welche die einzelnen Plattformen haben, um zu vermeiden, dass Unterstellungen und Hetzjagden gar nicht erst passieren können.
Der zweite Teil von Die Sucht nach Verbrechen: Wie Internetdetektive in True-Crime-Fällen ermitteln umfasst die Kapitel 5 bis 8. Hier konzentriert sich Christian Hardinghaus auf 18 ungelöste Fälle, die über einen langen Zeitraum die Aufmerksamkeit der Internetdetektive erregen. Diese Verbrechen reichen von 1948 bis in die Gegenwart und sind in vier beliebte Kategorien unterteilt:
Kapitel 5 behandelt ungelöste Fälle, wo der Täter noch gesucht wird, während sich Kapitel 6 den spurlos verschwundenen Personen widmet.
In Kapitel 7 werden Opfer ohne Namen thematisiert und Kapitel 8 beschäftigt sich mit mysteriösen Todesfällen, bei denen unklar bleibt, ob es sich um einen Mord, eine Selbsttötung oder einen Unfall handelt.
Diese Fälle werden sachlich zusammengefasst und präsentiert, doch trotz der nüchternen Darstellung berühren mich diese ungelösten Fälle. Am Ende jedes geschilderten Verbrechens wird ein Foto der oder des Opfers sowie die Kontaktdaten der entsprechenden Ermittlungsbehörden angegeben, um sachdienliche Hinweise zu ermöglichen. Tatsächlich ist mir von den vorgestellten ungelösten Fällen nur einer bekannt, den ich bereits aus einem anderen True Crime Buch kenne.
Einziger Kritikpunkt für mich hier ist, dass sich ein paar kleine Ungereimtheiten eingeschlichen haben. Mir scheint, dass es Flüchtigkeitsfehler sind, dennoch bin ich an ihnen hängen geblieben.
Bis zu diesem Sachbuch wusste ich nicht, was Websleuthing ist. Die Welt der Internetdetektive ist durchaus spannend, regt mich aber besonders in Bezug zu den moralischen und ethischen Grenzen zum Nachdenken an.
Auch hinterfrage ich mich nach dem Lesen selbst, was bei mir die eigene Faszination für Verbrechen auslöst und wie vielleicht künftige Verbrechen oder hoffentlich auch alte Fälle durch die Zusammenarbeit mehrerer Menschen und Ermittlungsbehörden geklärt werden können, wenn sich alle an wichtige Regeln im Umgang mit den Informationen halten.
Fazit:
Die Sucht nach Verbrechen: Wie Internetdetektive in True-Crime-Fällen ermitteln ist ein interessantes Buch, welches sich auf sachliche Weise mit dem Thema auseinandersetzt und dies besonders auf der psychologischen Ebene im Zusammenspiel mit den modernen Medien beleuchtet. Empfehlenswert für alle, die sich für True Crime und die Arbeit von Internetdetektiven interessieren.