In 'An und für sich' lernen wir viele verschiedene Menschen kennen. Die Kapitel sind nach Monaten benannt und wir lesen uns quasi durch das Jahr. Jedes Kapitel begegnen wir eine neue Person. Wir werden konfrontiert mit ihren Gedanken und Gefühle, die so treffend beschrieben sind, dass man als Leser sehr intensiv ihre Ängste, ihre Hoffnungen und ihre Tristesse spürt, weil das ist es leider, was den meisten von den Geschichten vereint: sie sind tieftraurig.
Es handelt sich jedes Mal um ganz gewöhnliche Menschen, die uns einen Einblick in ihrem Leben gewähren. Die Frau zum Beispiel, die sich um ihren dementen Vater kümmert, weil sie Angst hat für das, was ihm in einem Pflegeheim passieren könnte, aber mit der Situation eigentlich schon längst nicht mehr klarkommt. Oder der Mann, der sich nach Liebe sehnt, sich auf seine Verabredung mit einer Online-Bekanntschafft freut, die dann aber in letzter Sekunde absagt. Oder das Kind, dass im Maisfeld spielen geht, gerade dann, als die Ernte eingefahren wird und mit einem Todesangst konfrontiert wird.
Aber es ist nicht alles düster. Oft habe ich mich dabei ertappt, während des Lesens manchmal ein Lächeln im Gesicht zu haben. Es ist die Art und Weise, wie alles beschrieben wird, die Gedanken der Figuren in dem Buch, die einem manchmal allzu bekannt vorkommen oder die Situationen, die so wiedererkennbar sind. Dabei denke ich zum Beispiel an der Szene, in der der Protagonist an einer Veranstaltung vorbeikommt, wo es um das Klima geht. Der Schriftsteller schafft es da unglaublich gut die Atmosphäre einzufangen und die Zuhörer und ihr Benehmen zu beschreiben. Das hat mir unglaublich gut gefallen.
Was ich auch großartig fand, ist, dass die Texte auf subtile Weise miteinander in Verbindung stehen. In Januar passiert was und in Februar wird dann daran angeknüpft. So ist es auch mit den anderen Monaten. Es ist aber nicht so, dass dann einfach jedes Mal wieder eine Person vom vorherigen Monat auftaucht oder noch tief auf das Vergangene eingegangen wird. Meistens ist es einfach eine Erwähnung oder ein Wiedererkennen, basiert auf dem, was irgendein anderer Person erzählt. Das hat auch dazu geführt, dass ich oft mal das Gefühlt hatte eine kalte Dusche zu bekommen, weil man auf diese Weise oft im Nachhinein erfährt, wie es den Protagonisten, mit denen man eigentlich schon abgeschlossen hatte, nach dem Ende ihres Textes noch ergeht.
Insgesamt ein großartiges Buch, dass Vieles in sich vereint. Es ist gut geschrieben, spannend und stellt Themen wie z.B. Einsamkeit, Liebe, Überforderung und die Schnelligkeit der heutigen Gesellschaft auf extrem berührende und schmerzhafte Art dar. Mich hat es sehr beeindruckt, dass die Texte, obwohl sie in der Regel ziemlich kurz sind, so viel Kraft in sich tragen. Es ist wie eine Wucht, der einem beim Lesen von der Couch fegt. Meiner Meinung nach absolut lesenswert.