Briefe aus Taipeh ist kein gewöhnlicher Manhua es ist eine zutiefst persönliche, autobiografisch Erzählung über das Durchhalten, Überleben und die Frage: Wie bewahren wir unsere Menschlichkeit inmitten politischen Fanatismus? Die Geschichte spannt sich über drei Generationen und drei Länder hinweg und zeigt, wie tief politische Umbrüche und familiäre Schicksale miteinander verwoben sind.
Dabei gelingt es dem Werk, die großen Themen Revolution, Flucht, Unterdrückung auf eine sehr intime und nahbare Weise zu erzählen. Besonders berührend ist die Geschichte um die Großmutter des Autors, die durch eine sogenannte Blitzhochzeit in eine Ehe gezwungen wurde. Ihre Stärke und ihr Lebenswille sind bewundernswert und exemplarisch für viele Frauen ihrer Generation.
Auch die dramatische Flucht des Onkels wird emotional und mitreißend geschildert ein Kapitel, das zeigt, wie traumatisch politische Entscheidungen für Einzelne sein können. Das Nachwort des Autors rundet das Werk mit viel Gefühl ab und bleibt lange im Gedächtnis.
Der Zeichenstil ist schlicht, aber ausdrucksstark, und trägt zur eindringlichen Atmosphäre bei. Obwohl das Werk auf den ersten Blick wie eine Schullektüre wirken mag, verbirgt sich dahinter eine tiefgründige und wichtige Erzählung über Menschlichkeit, Verantwortung und Erinnerung.
Als Hinweis: Der Band ist zweisprachig gehalten erst Deutsch, dann Chinesisch mit identischem Inhalt. Für Leser:innen ohne Chinesischkenntnisse ist die zweite Hälfte somit redundant aber als kulturelles Statement durchaus nachvollziehbar.
Fazit: Ein eindrucksvolles, stilles Werk, das zum Nachdenken anregt. Keine leichte Kost, aber eine wichtige Erinnerung daran, wie privilegiert unser Leben heute oft ist. Empfehlenswert für alle, die sich für Geschichte, Politik und persönliche Schicksale interessieren oder einfach ihren Großeltern mit neuen Augen begegnen möchten.