Ich bin eher zufällig über dieses Buch gestolpert und kannte Geraldine Schüles Social-Media-Account bisher nicht. Parallel zur Lektüre habe ich mir jedoch die Reels, Bilder und Story-Highlights auf Instagram angesehen.
Geraldine und Patrick leben seit zwei Jahren mit ihren beiden Kleinkindern auf einem unsanierten, baufälligen Hof in Süddeutschland, ohne warmes Wasser (bis auf einen Boiler in der Dusche), ohne Heizung, in provisorisch hergerichteten Räumen. Neben dem Mammutprojekt der Sanierung, das überhaupt nur möglich ist, weil Patrick Zimmermann und Architekt ist, betreiben sie Landwirtschaft und versuchen, so autark wie möglich zu leben. Und, nicht zu vergessen: Sie sind als Content Creatoren eben auch Unternehmer, die sich durch Klicks und bezahlte Werbepartnerschaften finanzieren. So sympathisch und authentisch Account und Buch auch auf mich wirken, schwingt bei mir immer ein leises Misstrauen gegen inszenierten und werbefinanzierten Content mit.
Geraldine schreibt vor allem über ihren und Patricks gemeinsamen Lebensweg von der Jugendfreundschaft über gemeinsame abenteuerliche Reisen bis hin zur Ehe, und ihre ungewöhnlichen Wohnmodelle: Vor dem Hofprojekt lebten sie jahrelang auf 20qm in einem umgebauten Zirkuswagen.
Das Buch ist unterhaltsam und kurzweilig geschrieben, wenn auch eher einfach im Stil. Das macht sich vor allem an den wiedergegebenen Dialogen bemerkbar, die recht platt klingen.
Die Energie und Zuversicht der beiden ist wirklich beeindruckend, und wo andere (und ganz sicher auch ich) vor allem Risiken sehen, sehen die beiden Chancen. Nur mit dieser Lebenseinstellung ist ein Projekt wie die Sanierung des denkmalgeschützten Hofs überhaupt machbar, der bei Kauf nicht nur statisch ein Desaster war, sondern auch völlig vermüllt. Mir bleibt beim Lesen und auch beim Anblick der Videos oft nur, den Kopf zu schütteln, wenn ich lese und sehe, wie ein Kleinkind bei staubigen Arbeiten oder dem Entrümpeln von völlig zugemüllten Räumen ungeschützt mitten im Dreck sitzt oder in der Rückentrage dabei ist. Abgesehen vom Feinstaub, Schimmelsporen, Krankheitserregern aus Tierkot (Mäuse, Ratten) ist bei Sanierung immer mit Schadstoffen wie Asbest, Mineralfasern, PCB oder PCP zu rechnen. Das gilt auch für alte Öfen wie die Küchenhexe. Die Unbedarftheit der Eltern ist in meinen Augen extrem riskant.
Was kann man als Leser:in Positives aus diesem Buch mitnehmen? Dass es wichtig ist, an die Realisierung seiner Träume zu glauben, Vertrauen die eigenen Fähigkeiten zu haben, und dass nicht immer alles perfekt sein muss, um glücklich zu sein.
Für Fans von Geraldine, die noch mehr über sie und ihre Familie erfahren möchten, bestimmt ganz interessant. Ansonsten ein Buch, das man nicht gelesen haben muss. Geraldine und Patrick haben sich sicherlich ein ungewöhnliches Projekt vorgenommen, stehen allerdings auch noch ziemlich an Anfang. Ob sie dieses wirklich meistern, wird erst die Zeit zeigen. Für meinen Geschmack kommt dieses Buch ein paar Jahre zu früh: Die Aussagekraft wäre wesentlich überzeugender, wenn sie die Sanierung bereits zum großen Teil erfolgreich abgeschlossen hätten.