"Tod oder Taufe - Die Kreuzfahrer am Rhein" ist ein packender Roman über die Judenverfolgung zur Zeit des ersten Kreuzzugs. Im Jahr 1096 nach Christi Geburt (bzw. 4856 nach jüdischer Zeitrechnung) überfallen Kreuzfahrer auf ihrer Reise nach Jerusalem die Städte am Rhein: Speyer, Worms und schließlich auch Mainz. Schon auf der Fahrt ins Heilige Land wollen sie die Städte säubern die Juden aus ihnen töten oder taufen. In einigen wenigen Tagen werden furchtbare Gräueltaten begangen, doch in den betroffenen Städten wird auch Solidarität geübt.
Matthiessen beschreibt die Ereignisse vornehmlich aus der Sicht der Freunde Rabbi Chaim und Domdekan Raimund. Beide sind ihrem Gottesverständnis verbunden, doch sie interessieren sich lebhaft für den Glauben ihres jeweiligen Freundes. Dies nutzt der Autor, um sein großes Wissen vom Juden- und Christentum mit seiner Leserschaft zu teilen. Matthiessen versteht es glänzend, diese Informationen in den Handlungsfluss einzubauen ohne je belehrend zu wirken. Die Perspektive des Bauernburschen Peter, der sich von dem intriganten Kreuzfahrer Rotkutte rekrutieren lässt, zeigt die Sicht der Kreuzfahrer. Hier treffen Menschen zusammen, die Grausamkeit, Gier, Armut oder, wie in Peters Fall, Abenteuerlust gepaart mit Leichtgläubigkeit zu der Reise bewegt haben. Auch unter ihnen finden wir nicht nur Täter, sondern auch Opfer.
Die bewegende Beschreibung des Judenpogroms aus den verschiedenen Perspektiven hat mir sehr gefallen. Durch die hervorragende Recherche hat der Autor meine Kenntnis über die beiden Religionen und insbesondere ihrer Gemeinsamkeiten enorm erweitert. Der Roman ist ein absolutes Muss für Leute, die sich für die europäische Geschichte oder für die jüdische und christliche Religion interessieren. Auch eine Leserschaft, die eine komplexe Figurenpsychologie schätzt, wird an Tod oder Taufe Gefallen finden.