Was "Kommunismus" bedeutet, mÃŒsste ein WesteuropÀer eigentlich ganz genau wissen, denn er ist in einem gewissen Sinne die letzte Frucht seiner eigenen geschichtlichen Entwicklung. Freilich kennt ein WesteuropÀer, zu seinem GlÃŒcke, den Kommunismus nur als eine Idee oder ein Zukunftsideal, wogegen es Russland vorbehalten wurde, ihn als eine verwirklichte Gesellschaftsordnung kennen zu lernen. . . . Es wurde ein ungeheures, vorher kaum denkbares experimentum in corpore vili verwirklicht. Einer der mÀchtigsten Staaten Europas wurde dazu als Versuchsfeld benutzt. . . . (Alle) Grundlagen der bÃŒrgerlichen Ordnung (sind hier), mindestens als Rechtsprinzipien, wirklich abgeschafft. . . . Die Grenzen der Vertragsfreiheit sind nicht nur sehr eng gezogen, sondern - was das wichtigste ist - nicht durch irgendwelche stÀndige Rechtsnormen, sondern nur durch Verwaltungspolitik reguliert, und das Prinzip der Unantastbarkeit der aus VertragsverhÀltnissen erworbenen Rechte hat keine Geltung; im Gegenteil haben die RegierungsmaÃnahmen hier prinzipiell immer rÃŒckwirkende Kraft. . . . Dass keine Glaubens-, Rede- und Versammlungsfreiheit existiert, dass der Begriff der subjektiven öffentlichen Rechte ÃŒberhaupt keine Anwendung findet, versteht sich von selbst und ist bekannt genug. Was aber vielleicht die Hauptsache ist: die Idee des Rechtes selber, als einer objektiv ÃŒberpersönlichen, eigenmÀchtigen Instanz, die den Gesetzgeber ebenso wie die Untertanen gleichmÀÃig bindet, die subjektiven Rechte der Persönlichkeit schÃŒtzt und jeder WillkÃŒr ihre unÃŒberbrÃŒckbare feste Grenze setzt, wird ganz folgerichtig sowohl prinzipiell als praktisch verleugnet und in Ãbereinstimmung mit der materialistischen Gesellschaftsauffassung durch die Idee der Klassendiktatur, der Interessen der Proletariatsherrschaft ersetzt. . . . Die Politik der Regierung kann schwanken, sie kann der Persönlichkeit gröÃere oder geringere Freiheit im Gebiete des bÃŒrgerlichen und wirtschaftlichen Lebens gewÀhren, . . . aber alles ist eben der RegierungswillkÃŒr ÃŒberlassen, die nicht nur jeden Augenblick alle Rechtsnormen - mit rÃŒckwirkender Kraft - Àndern kann, sondern auch in jedem einzelnen Falle gegen die bestehende Rechtsordnung handeln darf.
(Aus dem Beitrag von Simon L. Frank)
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