Studienarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1, 0, Universitä t Mü nster (Germanistik), Veranstaltung: Biedermeier. Kultur und Literatur einer zweigesichtigen Epoche. , Sprache: Deutsch, Abstract: Adalbert Stifters Werke standen aufgrund ihrer ä uß erst detailreichen und ausgiebigen Landschaftsbeschreibungen oftmals im Feuer der Kritik. Dem Literaten wurde vorgeworfen den Figuren in seinen Erzä hlungen eine vö llig unbedeutende Rolle inmitten der extensiven Naturschilderung zuzuteilen, da er sich angeblich auf den Menschen nicht verstand. Sehr bezeichnend ist in diesem Zusammenhang eine Ä uß erung Friedrich Hebbels, der einer seiner schä rfsten Kritiker war: Wiß t ihr, warum euch die Kä fer, die Butterblumen so glü cken? Weil ihr die Menschen nicht kennt, weil ihr die Sterne nicht seht.
Darü ber hinaus wurde er als harmloser Seelentrö ster rezipiert, dessen Schreibweise eine biedere Moral, die mit den Richtlinien des Biedermeiergenres konform gehe, immanent sei. So titulierte beispielsweise Thomas Bernhard Stifters Schreibweise als langweilige und unerträ gliche provinzielle Zeigefingerprosä , von kleinbü rgerlicher Sentimentalitä t.
Doch wer solche Urteile ü ber ihn fä llt, hat nicht erkannt, dass Stifters Naturdarstellung keine selbstgenü gsame Kulisse und auch nicht unabhä ngig von der Handlung ist, sondern dass sie ganz im Gegenteil den Menschen und das Geschehen in subtiler Form abbildet und durchdringt. Denn Stifter ist kein Landschaftsschilderer, sondern ein Darsteller der Menschen. In seinen Werken sind vielschichtige Verstehensgrade verborgen , welche in der Naturbeschreibung zum tragen kommen. Die Natur dient ihm als Spiegel fü r den Menschen und den Hergang der Dinge und erhä lt auf diese Weise eine metaphorische Funktion. Hinter den ausgedehnten Landschaftschilderungen verbirgt sich eine schrecklich schö ne Welt , und nur wer diese erkennt, versteht auch Gehalt und Bedeutung der Novelle. Stifter spricht nicht alles aus, sondern es ist Aufgabe des Lesers dies mittels sinnerfü llter Bilder zu erraten.
Dass diese Methodik in hohem Maß e auch bei Stifters Novelle Brigittä zu entdecken ist, mö chte ich im Laufe meiner Seminararbeit verdeutlichen. Dabei soll nicht nur aufgezeigt werden, wie die Charaktere und die innere Handlung zwischen Stephan und Brigitta durch die Darstellung der Natur Bedeutung gewinnen, sondern auch, wie die gesamte Erzä hlung und deren verborgener Kerngedanke auf diese Weise abgebildet wird.