Dieses Buch lässt mich sprachlos zurück. Unendlich viele Gedanken schwirren noch in meinem Kopf herum. Die Reise von Alani durch Mo und die Geschichte von Pi auf Müll sind hochpoetisch und atemberaubend. Beide sind auf der Suche, fühlen sich nicht ganz, aber was fehlt, ist nicht so einfach zu entdecken.
Das Cover ist so was von genial. Ich liebe es. Unten sieht man das farbenfrohe Mo und oben das graue Müll, zwei Welten, die auf einem Planeten existieren, aber vor einander verborgen bleiben. Zwei Silhouetten starren in der Ferne. Sie wirken klein gegenüber dieser majestätischer Landschaft, bestehend aus riesigen Bergen und farbigen Bäumen. Es deutet schon an, was im Buch passieren wird. Zwei unbedeutende Wesen am Anfang eines Abenteuers, ohne eine Ahnung, wohin die Reise führen wird. Das Ganz aber strahlt auch eine Art Ruhe aus, die ich während des Lesens gespürte habe. Obwohl ganz viel passiert, nimmt die Geschichte langsam ihren Lauf. Nichts wird überhastet und als Leser bekommt man so die Zeit sich voll und ganz einzuleben.
Die Erzählung ist grandios, aber man muss sich darauf einlassen. Ich habe ein wenig gebraucht, bevor ich mich zurecht gefunden habe, aber danach konnte ich mich einfach fallen und mit den Wörtern treiben lassen. Alani und Pi sind die beiden Hauptprotagonisten. Während Alani auf Mo lebt, eine Welt voller Farben, Gastfreundlichkeit und wunderbare Wesen, lebt Pi auf Müll, eine Welt, die von den Großkonzernen regiert wird. Alles ist grau und die Menschen werden als austauschbare Produktionskräfte gesehen. Beide sind nicht glücklich, irgendetwas fehlt. Nachdem Alani von seinem Flecken alleine gelassen worden ist und auf Müll alle Menschen zu toten Statuen erstarrt sind, nur Pi nicht, gehen die beiden auf der Suche. Sie versuchen mit ihrer Lebenssituation zurechtzukommen und herauszufinden, was mit ihren Welten los ist. Schnell aber merkt man, dass sie eigentlich auf der Suche nach sich selbst sind.Dämonen aus der Vergangenheit melden sich und sowohl Pi als Alani drohen sich in einem Strudel von Emotionen und Gedanken zu verlieren.
Da würde man denken, das reicht schon als Geschichte, aber zwischendurch gibt es noch Kapitel, in denen zwei Erdzwerge eine Rolle spielen. Sie spielen nämlich ein Spiel und erzählen die Geschichte von Alani und Mo. Als Leser weiß man also nicht, was nun eigentlich Realität oder Fiktion ist. Jedes Mal, wenn man denkt es endlich durchblickt zu haben, wird das Ganze wieder auf den Kopf gestellt. Dazu gibt es noch unglaublich viele Gedanken über Emotionen, aber auch über Gesellschaftsformen. Eine hochkapitalistische Welt, wie Müll steht gegenüber eine farbenfrohe, friedliche Welt, wie Mo. Als Leser bekommt man Einblicke in verschiedenen Gesellschaftsformen, ihre Probleme und ihre Vorteile. Man wird angeregt darüber nachzudenken. Durch Alani und Pi, zwei Außenseiter, jeder in seiner eigenen Welt, wird noch deutlicher, was alles falsch läuft und das nicht alles, was auf dem ersten Blick großartig aussieht, auch so ist.
Aber nicht nur große gesellschaftliche Themen spielen eine Rolle, auch die persönliche Geschichten von Pi und Alani stehen im Vordergrund. Sie sorgen für die tiefe emotionale Ebene in dem Buch. Beide sind von ihren Eltern verlassen worden, was eine Leere erzeugt, die fast nicht überwunden werden kann. Es ist wie eine offene Wunde, die sie durch ihre ganzes Leben begleitet und die sie sich in der Geschichte stellen müssen. Was sie während ihre Reise über sich und ihre Vergangenheit herausfinden, ist schmerzhaft, überraschend, aber auch erleichternd.
Dieses Buch hat mich auf jeden Fall tief beeindruckt: hochpoetisch, philosophisch und phantastisch. Man staunt jede Seite aufs Neue, ist verwirrt, wird mit neuen Gedanken konfrontiert und muss einfach weiterlesen. Einfach genial für alle, die sich auf ein tiefgehendes, emotionales Abenteuer einlassen wollen.