Mit dem Begriff Heuristik werden das Wissen bzw. die Theorien bezeichnet, die sich mit dem Entstehen von Erkenntnissen, Erfindungen, Problemlosungen usw. befassen. Die Bedeutungsvielfalt, in der dieser Begriff Verwendung findet, die bestehende Unklarheit tiber die relevant en Wissenschaftsdisziplinen zur Er klarung und Optimierung heuristischer Prozesse sowie die offensichtliche Kom plexitat der dabei zu berticksichtigenden psychischen Leistungen deuten darauf hin, daB bei der theoretischen Durchdringung dieses Gegenstandsbereiches groBe Probleme entstehen. Andererseits ist das Entdecken und Erfinden schon seit J ahrhunderten von besonderem Interesse gewesen. Eine Zusammenstellung der Ergebnisse frtiherer Heuristik-Bemtihungen in Form einer Regelsammlung und -systematisierung bildet deshalb auch den Ausgangspunkt dieser Arbeit. Diese Regeln jedoch sind das Ergebnis von Praxiserfahrungen; solange der Vorgang des Erfindens und Entdeckens nicht wissenschaftlich untersucht ist, lassen sie sich nicht mehr wesentlich verbessern. Andererseits ist die Frage der Heuristik wieder sehr aktuell geworden: der Dbergang von der Studierstube zur GroBfor schung erfordert auch eine systematische Wissenschaftsforschung, und das be deutet u. a. eine systematische Erforschung des Erfindens und Entdeckens. Es ist ein Ziel dieser Arbeit, den heuristischen ProzeB als Wissenschaftsgegenstand zu begriinden, dies ist erforderlich, weil noch immer Mystifizierungen des Er kenntnisvorganges tiblich sind. Zur Gegenstandsbestimmung gehoren weiterhin methodische Dberlegungen sowie die Formulierung des eigentlichen Forschungs problems der Heuristik: wie ist die menschliche Flihigkeit zu erkl1iren, auf der Basis von unzureichendem Wissen und unzureichenden Methoden beim Losen von Problemen neues Wissen zu erlangen? In psychologischer Perspektive geht es dabei urn die Regulation des problemlosenden Verhaltens.
Inhaltsverzeichnis
1. Vorwissenschaftliche Bildung heuristischer Regeln. - 1. 1 Ars inveniendi. - 1. 2 Heuristische Regeln. - 1. 3 Systematisierte Regelsysteme. - 1. 4 Charakterisierung der heuristischen Regeln in wissenschaftstheoretischer Sicht. - 2. Zugangswege zur Heuristik. - 2. 1 Einige Prämissen der Heuristik-Forschung. - 2. 2 Zugangswege zur Untersuchung heuristischer Prozesse. - 2. 3 Subjektorientierung versus Objektorientierung. - 3. Die Heuristik als Disziplin der Wissenschaftswissenschaft. - 3. 1 Erfindungskunst. - 3. 2 Kreativitätsforschung. - 3. 3 Wissenschaftswissenschaft. - 4. Die Theorie des Problems. - 4. 1 Problemtheorie und Heuristik. - 4. 2 Merkmale des Problems und der Problembegriff. - 4. 3 Wissenschaftliche Probleme. - 4. 4 Lösbarkeit und Algorithmisierbarkeit von Problemen. - 5. Das heuristische Grundproblem und der Begriff der Heuristik. - 5. 1 Heuristik: Bezeichnung für ein Interessengebiet. - 5. 2 Das heuristische Grundproblem. - 5. 3 Auffassungen zum heuristischen Grundproblem. - 6. Gegenständliche und psychologische Determinanten heuristischer Lösungsprozesse. - 6. 1 Gegenständliche Determinanten des heuristischen Prozesses. - 6. 2 Zur Frage der Logik bei der Entstehung wissenschaftlicher Erkenntnisse. - 6. 3 Die psychologischen Determinanten heuristischer Prozesse. - 7. Merkmale heuristischer Prozesse und ihre Integration in der Handlungstheorie. - 7. 1 Merkmale eines Modells heuristischer Prozesse. - 7. 2 Die psychologische Kategorie der Tätigkeit und die Handlungstheorie. - 8. Die psychische Regulation wissenschaftlichen Problemlösens. - 8. 1 Die Ebenen der wissenschaftlichen Tätigkeit. - 8. 2 Die Ebenen der wissenschaftlichen Tätigkeit und das TOTE-Modell. - 8. 3 Das heuristische Grundproblem im Ebenenschema der wissenschaftlichen Tätigkeit. - 8. 4 Einige denkpsychologische Analogien und Hypothesenzur Trennung von heuristisch-wissenschaftlicher Tätigkeit und problemlösungs-anwendender wissenschaftlicher Tätigkeit. - 9. Ein Modell heuristischer Prozesse in der wissenschaftlichen Tätigkeit. - 9. 1 Darstellung des Modells. - 9. 2 Das Zusammenwirken von operativem Abbild-System und Methoden- und Theorien-Abbildsystem. - 9. 3 Zu Funktion und Inhalt des operativen Abbildsystems. - Zusammenfassung.