Ernst, witzig und bewegend
**Rezension - Mamma, bitte lern Deutsch! **Dieses Buch musste ich einfach lesen, weil viele Aspekte und Erfahrungen beschrieben werden, die auch meine Kindheit geprägt haben und mich bis heute begleiten.Es ist ein Muss für alle, die sich mit dem Thema Migration auseinandersetzen möchten - und besonders für diejenigen, die selbst einen ähnlichen Werdegang erlebt haben.Ich selbst habe das Buch gelesen, weil meine Geschichte in vielen Punkten der des Autors ähnelt. Die Mischung aus Ernsthaftigkeit und Humor hinterlässt einen besonders nachhaltigen Eindruck und zeigt deutlich, wie vieles in der Gesellschaft und in den deutschen Behörden noch verbesserungswürdig ist.Der Schreibstil ist angenehm, leicht verständlich, und man kann das Buch problemlos an einem Tag lesen - es ist kein dicker "Wälzer". Den Autor kannte ich vorher nicht, erst durch dieses Buch habe ich ihn für mich entdeckt.Man merkt sofort, wie persönlich und bedeutend dieses Werk für ihn ist, und wie wichtig seine Mutter in seinem Leben war und ist. In vielen seiner Erfahrungen habe ich mich wiedergefunden. Auch meine Geschwister und ich mussten vieles davon durchmachen - und teilweise tun wir es noch heute. Zum Glück haben meine Eltern die deutsche Sprache gelernt und bekamen zudem Unterstützung von Verwandten, wenn es um Kindergeld, Staatsbürgerschaft, Pässe oder ähnliche Anträge ging. Angst vor Abschiebung hatten wir nicht - dennoch mussten wir unseren Eltern oft bei Anträgen helfen, und tun es heute noch.Ein Erlebnis ist mir bis heute im Gedächtnis: In der 5. Klasse verschwand plötzlich ein Mitschüler - wir erfuhren erst Tage später, dass er mit seiner Familie abgeschoben worden war. Er war ein Musterschüler, schrieb gute Noten, beherrschte die deutsche Sprache. Der Schmerz darüber hat sich mir eingebrannt.Umso schwerer ist es für mich zu verstehen, wie Behörden mit Menschen umgehen, die die deutsche Sprache nicht ausreichend beherrschen, obwohl sie schon lange hier leben. In meinem Berufsleben als MFA habe ich oft erlebt, wie wenig Unterstützung Betroffene bekommen. Es tat weh mitanzusehen, wie Menschen ohne Hilfe von Freunden, Verwandten oder Dolmetschern einfach weggeschickt wurden - sei es beim Arzt oder bei Ämtern. Häufig wurden sie mit einem Infozettel abgespeist, obwohl sie die Inhalte gar nicht verstehen konnten. Auch Kinder mussten oft als Dolmetscher einspringen, obwohl manche Begriffe gar nicht eins zu eins übersetzt werden können.Besonders berührt hat mich die Aussage der Mutter des Autors zu Träumen, Wünschen und Bedürfnissen. Sie hatte nicht die Erlaubnis, selbst zu träumen - und wollte genau das ihren Kindern ermöglichen. Dieses Gefühl kenne ich sehr gut: Auch meine Eltern haben uns Geschwistern genau das mitgegeben.Mein Fazit:Ein bemerkenswertes Buch, das mich tief bewegt hat.An Deutschland: Du bist noch ausbaufähig. Statt Menschen, die hier eine Zukunft für ihre Kinder aufbauen wollen, einfach abzustempeln - versetzt euch einmal in ihre Lage. Perspektivwechsel!