Im Gespräch mit Ulla Scheler


Ulla Scheler wurde 1994 in Coburg geboren. Bücher liebt sie schon seit ihrer Kindheit. Nach dem Abitur arbeitete sie in einem Krankenhaus, beim Fernsehen und in einem marokkanischen Hotel. Ihr Debütroman "Es ist gefährlich, bei Sturm zu schwimmen" war ein großer von Lesern und Presse gefeierter Erfolg und war für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert. Wir haben mit der Autorin gesprochen.

Dein Debütroman "Es ist gefährlich, bei Sturm zu schwimmen" war ein großer Erfolg. Hast du damit je gerechnet, während du den Roman geschrieben hast?
Gar nicht! Ich habe ja nicht einmal damit gerechnet, dass ihn überhaupt irgendjemand lesen würde.

Wolltest du schon immer Autorin werden?
Natürlich ist es toll, dass die Geschichte jetzt in einem Buch ist und ich sie anfassen und Leute sie lesen können! Aber eine Autorin ist für mich vor allem eine, die schreibt - und dann wollte und war ich das tatsächlich schon immer.

Was ist für dich das Schönste am Schreiben? Und was das Schwierigste?
Das Schönste am Schreiben ist für mich, wenn mir durch das Schreiben etwas Neues klar wird - das ist manchmal so, als würde ich mit den Personen einen Fehler machen und davon lernen. Das Schwierigste ist, eine Geschichte nach all der Zeit herzugeben und zu sagen: "Ich habe das hier gemacht. Ich weiß, es ist nicht perfekt, aber ich gebe es dir trotzdem."

Du studierst nebenher - würdest du lieber nur noch schreiben oder empfindest du es als bereichernd, "zwei Leben" zu haben?
Manchmal wünsche ich mir mehr Zeit für alles (vor allem zum Lesen!). Aber gerade sind meine "zwei Leben" genau richtig für mich!

Woher nimmst du die Ideen für deine Geschichten?
Das ist meist irgendeine Sache, die mir auffällt und dann kommt noch ein zufälliger Gedanke dazu, der das für mich spannend macht. Zum Beispiel bin ich heute Morgen viel zu früh aufgewacht und dann auch gleich aufgestanden. Natürlich war ich dann so müde, dass ich einen Mittagsschlaf machen musste - und als ich da aufgestanden bin, hat sich das angefühlt, als hätte der Tag noch einmal neu angefangen. Und da frage ich mich: Wie wäre das? Wozu würde das führen?

Felix, die männliche Hauptfigur in deinem neuen Roman, tut sich ein bisschen schwer damit, was er beruflich und überhaupt im Leben machen möchte - ein Gefühl, das wahrscheinlich viele kennen. Wie war das bei dir nach dem Schulabschluss?
Ich war bestimmt noch viel planloser als Felix. Woher soll man auch wissen, was man mit seinen nächsten fünfzig Jahren machen möchte? Manchmal beneide ich schon die Leute, die genau wissen, wo sie hinwollen. So eine Karte für mein Leben habe ich nämlich nicht. Aber man kann ja mal was ausprobieren. Und ich glaube, Neugierde ist ein guter Kompass.

Waren Alisa und Felix in deiner Vorstellung von Anfang an so, wie sie jetzt sind? Oder haben sie sich langsam entwickelt, in der Dynamik ihrer Beziehung und während des Schreibens?
Auf jeden Fall Zweiteres! Ich glaube, das ist doch sehr ähnlich wie Menschen aus Fleisch und Blut kennenzulernen: Man hat am Anfang eine grobe Idee von ihnen. Wenn man sie dann näher kennenlernt, bestätigt sich einiges - und vieles ist einfach Quatsch gewesen und man muss sein Bild anpassen.

Felix ist sehr eifersüchtig auf Adrian - ein Gefühl, das seine Liebe zu Alisa bedroht. Wenn du mit ihm befreundet wärst, was würdest du ihm raten?
Was steckt denn hinter der Eifersucht? In Felix Fall ist das seine Angst, dass Alisa ihn nicht mehr mag, wenn er beim Malen scheitert. Aber das ist gar nicht der Fall! Alisa mag ihn aus ganz anderen Gründen. Ich würde Felix erst einmal beruhigen und ihm dann genau das sagen.

Alisa hat ein großes Problem mit Nähe. Wenn du mit ihr befreundet wärst, was würdest du ihr raten?
Ich würde ihr die folgenden drei Fragen stellen: Wovor beschützt dich deine Angst? Woran hindert sie dich? Wie würdest du dich angstfrei entscheiden? Die Schwierigkeit im nächsten Schritt besteht dann darin, die Angst nicht wegzuschieben, sondern wahrzunehmen und gemeinsam mit der Angst trotzdem den eigenen Plan durchzuziehen. Go Alisa!

Felix kocht wahnsinnig gern und kreativ, du auch?
Von Felix Kochkünsten kann ich nur träumen (... oder schreiben).

Du hast einen Abschluss in Psychologie, studierst aber nun zusätzlich Informatik. Hat sich deine Art zu schreiben - oder gar deine Weltsicht - mit dem so andersartigen Studium verändert?
Ich habe schon das Gefühl, dass sich mein Schreiben verändert - aber unabhängig von meinen Studien. Meine Weltsicht hat sich dagegen eher gefestigt, weil ich viele Dinge jetzt in einem anderen Umfeld noch einmal beobachten und erleben konnte. Aber eine ständig festere Weltsicht ist natürlich auch gefährlich, deshalb halte ich die Augen offen!

War es schwierig für dich, den Roman aus zwei Perspektiven zu schreiben, dich also im Wechsel in zwei Figuren hineinzuversetzen?
Zwei Perspektiven sind wirklich schwieriger, als man es nach all den tollen Büchern, die man gelesen hat, erwartet! Allerdings hatte ich die Alisa-Szenen alle zuerst, das hat es mir von der Perspektive her leichter gemacht.

Mit Ben in deinem ersten Roman "Es ist gefährlich, bei Sturm zu schwimmen" und mit Alisa in "Und wenn die Welt verbrennt" hast du zwei Figuren erschaffen, die sich den Menschen, die ihnen am nächsten sind, immer wieder ein Stück weit entziehen. Warum? Und was fasziniert dich besonders an diesen Figuren?
Ich habe diese Überzeugung im Leben: Wenn Menschen komische oder verletzende Dinge tun, dann liegt das meistens daran, dass ihnen irgendetwas schrecklich weh tut. Bei Ben erlebt man das nur von außen. Bei Alisa ist man in ihrem Kopf dabei, wenn sie dagegen ankämpft. Ich wollte das zeigen, denn ich finde das wahnsinnig wichtig und spannend.

Welche Figur aus deinen beiden Romanen würdest du im wirklichen Leben gern kennenlernen? Und welche eher nicht?
Das ist leicht! Olli und Sam. Am besten gleichzeitig! Die beiden wären ein Dream-Team.

Gibt es schon Pläne für deinen nächsten Roman?
Ich teste bei einigen verschiedenen Ideen gerade das Wasser, aber ich kann es kaum erwarten, in eine reinzuspringen!
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