99 Jungs marschieren ohne Sinn und mit vielen offenen Fragen in den Tod ¿ eindeutig zu vernachlässigen!
INHALTEinmal jährlich bewerben sich Tausende Burschen im Alter von zwölf bis siebzehn Jahren für die Teilnahme am "Long Walk", dem Todesmarsch quer durch Maine. Einhundert von ihnen werden angenommen und ihr Ziel ist es, solange zu gehen, bis nur mehr einer von ihnen übrigbleibt. Wer langsamer als vier Meilen pro Stunde läuft, bekommt eine Verwarnung, nach drei Verwarnungen wird derjenige erschossen. Und der Gewinner bekommt "den Preis" ...MEINUNGEin Roman, der erst im Jahr 2025 verfilmt wurde, sollte doch eigentlich "richtig guter Stoff" sein ... denkt man. Beim Lesen von "Todesmarsch" tauchten aber nur Fragezeichen über meinem Kopf auf, die sich auch 270 Seiten später nicht aufgelöst hatten:Was treibt die jungen Männer dazu, sich am Todesmarsch zu bewerben, wenn sie wissen, dass sie zu 99% sterben werden? Warum gibt es den Todesmarsch überhaupt? Was ist dieser sagenumwobene "Preis", den der Gewinner erhält? Wer ist der fiese Major, der den Marsch diktiert? Und wie schaffen es die Geher, die irrsinnige Geschwindigkeit von mindestens vier Meilen pro Stunde (ca. 6,2 km/h) ohne Pause und nur mit wenig Nahrung über Tage und hunderte Meilen hinweg aufrechtzuerhalten? Normalerweise mag ich es, wenn mir nicht alle Details vor die Füße geworfen werden, sondern ich zwischen den Zeilen lesen und mich an einer eigenen Interpretation versuchen kann. In diesem Fall bietet die Geschichte aber zu wenig Inhalt und Hintergrundinformation, um eigene Ideen einfließen lassen zu können.Jetzt mag man behaupten, dass bei einem Roman dieser Art die zwischenmenschlichen Beziehungen im Vordergrund stehen und die Gespräche, die geführt werden. Doch dann wundere ich mich, warum Jungs dieses Alters Reden über ihr ach so erfülltes Liebesleben schwingen, dass sie in Erinnerungen an ein bestimmtes Buch oder an ihr erstes Mal auf einem Fahrrad schwelgen - Himmel noch eins, die sind doch noch grün hinter den Ohren! Und trotz ihrer Schmerzen, die während des Marschs immer schlimmer werden, geht ihnen - im wahrsten Sinne des Wortes - einer ab, wenn sie am Straßenrand ein hübsches Mädchen stehen sehen. Realismus? Was ist das?Kann man die Geschichte vielleicht als Gesellschaftskritik auffassen? Ja, natürlich! Menschenmassen, die sich am Leid der Geher ergötzen und nur darauf hoffen, dass einer von ihnen direkt vor ihrer Nase die "rote Karte" bekommt und hingerichtet wird - das ist tatsächlich abscheulich und ein Sinnbild für viele Handlungen unserer Gesellschaft! Meine Meinung ist allerdings, dass der Autor selbst gar keine Idee zu den Hintergründen hatte und einfach nur den Drang verspürte, 99 Jungs zumindest literarisch einen qualvollen Tod zu bereiten.Das Einzige, das man Stephen King zugutehalten kann, ist, dass er entgegen seinem üblichen Stil ausnahmsweise keine allzu platten Stereotypen in Schwarz-Weiß-Optik gezeichnet hat. Die Figuren sind nicht ausschließlich gut oder böse, sondern schwanken im Laufe der Geschichte immer wieder zwischen verschiedenen Charakterstadien.FAZITÜber fast 300 ebook-Seiten hinweg wartet man darauf, dass 99 Flaschen Bier an der Wand ... ähm ... Geher fallen und nur mehr "der eine" freudestrahlend überlebt. Alles dazwischen wird geduldet und ob das Ende überzeugt, sei dahingestellt. Dass Stephen King mit seinen Geschichten polarisiert, ist bekannt, er hat aber auf jeden Fall schon bedeutend bessere Romane geschrieben als diesen.