Nur um solche merkwürdigen chronischen Schmerzen geht es in diesem Buch. Was bitte soll das denn sein, kann man sich fragen. Aber der Autor selbst hat darunter gelitten, und offenbar kennt er viele andere Leidensgenossen, denen er geholfen hat, diese Notlage wenigstens teilweise oder gar endgültig zu überwinden. Er nennt diese Art von Schmerzen "neuroplastisch". Sie haben keine wirklichen Ursachen, sondern dienen dem Gehirn dazu uns vor einem von ihm nur vermuteten Schaden zu schützen. Warum auch immer.Diese Art von Schmerz war mir neu. Und vermutlich bin ich da nicht der einzige Mensch. Leider ist man da auch schon beim ersten Schwachpunkt dieses ansonsten hervorragenden Buches, wenn man es nur als Buch betrachtet. Wie soll man wissen, ob ein chronischer Schmerz keine erklärbaren Ursachen besitzt? Zwar gibt es dazu im Buch einige Anleitungen, doch das muss erst einmal wirklich abgeklärt werden, bevor man weiter macht.Und es geht immer um chronische Schmerzen am Bewegungsapparat. Meistens kann man Fehlhaltungen und mangelnde Bewegungen als Ursache ausmachen. Es geht in diesem Buch also nicht um auf diese Weise erzeugte Verspannungen oder mechanische Einwirkungen auf den Bewegungsapparat, sondern um Dauerschmerzen, für die man keinen Grund ausmachen kann.Wenn das Gehirn solche Schmerzen erfindet, kann man es ihm auch abgewöhnen. Das ist die Grundhypothese der beiden Autoren. Offenbar gibt es dazu fachärztliche Untersuchungen in den USA, die den Erfolg der im Buch erklärten Methode belegen.Chronische Schmerzen erzeugen Angst. Es beginnt sich ein Teufelskreis aus Schmerz und Angst aufzubauen, der immer schlimmer werden kann, wenn man ihn nicht durchbricht. Angst erzeugt Verspannungen, die die Schmerzen nur noch verstärken. Aus diesem Grund besteht die im Buch vorgestellte Methode darin, sich dem Schmerz zu stellen und ihm nachzuspüren. Die Autoren nennen das "Empfindungsverfolgung". Ganz neu ist diese Methode nicht, denn sie ähnelt der buddhistischen Grundmeditation, die erfolgreich auch von anderen Schmerztherapeuten angewandt wird, weil man mit ihr eine Grundentspannung erreichen kann. Das ist allerdings nicht ganz einfach, weil es Disziplin und vermutlich auch bei den meisten Menschen eine Anleitung und Begleitung erfordert. Denn Meditation mit einem zu erreichenden Zweck zu verbinden, führt zu nichts. Das ist das Paradoxon jeder Meditation. Kein Ziel zu haben, wenn man etwas macht, entspricht nicht unserer Lebensauffassung, was den vorgeschlagenen Prozess nicht einfach macht.Die Anleitungen im Buch sind sicherlich nützlich. Ich vermute jedoch, dass sie in den meisten Fällen nicht zum gewünschten Ergebnis führen, wenn man mit ihnen alleine gelassen wird. Das ist neben der Diagnose "neuroplastischer Schmerz" der zweite erhebliche Haken an diesem Buch.Immerhin aber ist es wenigstens ein Hinweis für Menschen, deren chronische Schmerzen bisher keine Erklärung fanden. Ihnen wird hier ein Ansatz geboten, um mit ihren Schmerzen, sofern sie in die Kategorie des Buches fallen, umzugehen.