Der Klappentext las sich äußerst spannend und ich fühlte mich gleich an einen anderen Roman erinnert, der ebenfalls das Motiv der in einer Höhle verirrten Protagonistin nutzt und ganz hervorragend ist. Das kann ich von "Tief unter der Alb" leider nicht sagen, hier ist die Idee wesentlich besser als die Umsetzung. Die Geschichte beginnt schon ziemlich konstruiert und hat einige Plausibilitätslücken. Das setzt sich leider auch fort. Der überflüssige Nebenstrang mit einer weiteren Person, die sich in dem Höhlenlabyrinth befindet, war von Anfang an unglaubwürdig und ließ ebenfalls ziemlich viele Fragen offen. Ganz zu schweigen davon, daß diesem Nebenstrang ein sehr weit hergeholter Zufall zugrunde liegt. Immer wieder läßt die Autorin die Charaktere betonen, wie unglaublich riesig dieses Höhlensystem unter der Schwäbischen Alb ist, daß es fast unmöglich sei, dort zufällig jemanden zu finden, daß unzählige Menschen dort spurlos verschwinden. Und in diesem unglaublich riesigen Höhlensystem kommt es dann zu so einer Zufallsbegegnung - da fühlte ich mich verulkt. Auch die Entscheidungen der Charaktere waren leider nicht immer nachvollziehbar, gerade zum Ende hin wird es schon fast absurd.Während die Autorin es sich mehrfach auf Kosten der Plausibilität einfach gemacht hat, hat sie sie andererseits aber auch enorm viel Mühe gegeben. Die Leser tauchen tief in die Gedankenwelt Lauras ab, die mit jedem Tag, den sie orientierungslos im Dunkeln der Höhlenwelt verbringt, psychisch mehr abbaut und gleichzeitig versucht, dagegen anzukämpfen. Das war mir persönlich wesentlich zu detailliert und langatmig, aber man merkt, daß hier viel Überlegung und Sorgfalt in die Erzählweise floss und die mentalen Auswirkungen einer solchen Situation wohl ausgiebig recherchiert wurden. Auch sonst floß offensichtlich viel Recherche in das Buch ein, sogar ein kleines Literaturverzeichnis gibt es am Ende. Ebenfalls sehr lobenswert, aber ...... die Überschwemmung der Geschichte mit Fakten tat dieser ganz und gar nicht gut. An mehreren Stellen werden Fakten ausführlich um ihrer selbst willen eingefügt. Zwei sehr deutliche Beispiele waren hier ein Moment, in dem ein Charakter in Tübingen aufs Wasser blickt und uns dann gedanklich nicht nur daran teilhaben lässt, wie die dortigen Flachboote heißen (was als Lokalkolorit ja noch verständlich wäre), sondern auch gleich noch einen Faktenexkurs zu entsprechenden Booten in Cambridge macht - ohne jegliche Relevanz für die Handlung. In einer anderen Szene werden zwei Charaktere mit einem Hubschrauber irgendwo abgesetzt. Dann folgte der Satz: "Dann drosselte er die Geschwindigkeit seiner 205 PS starken Robinson R44 Raven II i, deren Reichweite von 640 Kilometern Roger nahezu ausgenutzt hatte." Relevanz dieser ganzen technischen Informationen? Nicht vorhanden.Der Pilot dieser Maschine ist wie die meisten Charaktere im Buch ein wandelndes Lexikon. Immer wieder gibt es Infodumping, alle können aus dem Gedächtnis eine Unmenge von Zahlen und Fakten zu allen möglichen Themen abrufen (unfreiwillig komischstes Beispiel: "Sie lag etwa 38.061 Jahre im Verborgenen." Ein anderer weiß nach über vierzig Jahren noch, daß sein damaliges Telefon 33 cm lang war.) und halten auch bei jeder Gelegenheit Vorträge. Das wurde unglaublich enervierend und auch zunehmend langweilig. Die Botschaft kommt auch an, ohne dass jede recherchierte Höhlenunglücksgeschichte im Buch heruntergeleiert wird. Auch sonst verlor die Autorin sich gerne ausführlich in Nebensächlichkeiten. Das alles machte das Buch zunehmend zäh zu lesen und ich habe mich immer mehr gelangweilt. Der Schreibstil war in Ordnung, mir aber oft zu flapsig. Es wird reichlich mit unnötigem Denglisch gearbeitet (da steht die Soße in einem "old school Behälter", die Pension wird als Bed and Breakfast bezeichnet und der Vater arbeitet als Speaker und geht zu Lunches), und natürlich wird die Uhrzeit oder das Handy "gecheckt", was wirklich unangenehm zu lesen war. Die Idee war gut, die Recherche sorgfältig, aber die Umsetzung leider gar nicht gelungen. Nötige Fakten und Plausibilität fehlten zu häufig, unnötige Fakten bekamen zu viel Raum, das ständige plumpe Infodumping und der Schreibstil nervten immer wieder. Leider eine Enttäuschung.