Ein einziger Brief kann ein Leben verändern - dieser Gedanke zieht sich wie ein leiser Unterton durch Rebecca Yarros' Roman Alles, was ich geben kann - The Last Letter. Zwischen Hoffnungen, Verlusten und unausgesprochenen Wahrheiten entfaltet sich eine Geschichte, die den Leser mitten ins Herz trifft.Ella ist eine junge Frau, die mit der Verantwortung für ihre Zwillinge und den Schicksalsschlägen ihres Lebens kämpft. Ihre einzige Konstante ist zunächst die Brieffreundschaft mit einem anonymen Soldaten, der sich "Chaos" nennt. In seinen Worten findet sie Halt, Nähe und einen Funken Hoffnung. Als jedoch die Briefe ausbleiben, glaubt sie, auch diese Stütze verloren zu haben. Dass Beckett, der stille Soldat aus Ryans Einheit, hinter "Chaos" steckt, bleibt ihr verborgen - und genau in diesem Geheimnis liegt die große Spannung der Handlung.Besonders eindrücklich ist die Erzählweise. Die Autorin kombiniert klassische Kapitel mit eingestreuten Briefen, die nie ganz chronologisch sind. Dieses Stilmittel sorgt dafür, dass sich die Vergangenheit von Ella und Beckett nach und nach wie ein Puzzle zusammensetzt. Man erfährt nicht alles auf einmal, sondern wird behutsam durch Andeutungen und Rückblicke an die tieferen Gefühle der Figuren herangeführt.Beckett ist eine Figur, die durch seine Zerrissenheit und seine tiefe Loyalität fasziniert. Aufgewachsen ohne feste Familie, sucht er seinen Platz in der Welt und findet ihn ausgerechnet bei Ella und ihren Kindern. Seine Fürsorge für die Zwillinge ist einer der bewegendsten Aspekte des Romans - sie macht ihn greifbar und liebenswert, jenseits des harten Soldatenlebens. Ella hingegen steht für Stärke und Verletzlichkeit zugleich. Ihre Abneigung gegen Lügen kollidiert unausweichlich mit Becketts Geheimnis, und dieser innere Konflikt treibt die Geschichte voran.So sehr mich die zarte Annäherung zwischen Ella und Beckett berührt hat, so schwer empfand ich die Häufung dramatischer Schicksalsschläge. Immer wieder wurde die Handlung durch tiefgreifende Tragödien erschüttert, sodass meine anfängliche Erwartung an eine hoffnungsvolle Liebesgeschichte zunehmend überschattet wurde. Gerade am Ende wog für mich die Härte der Ereignisse schwerer als die romantischen und zarten Momente.Die Sprache bleibt dabei eindringlich und emotional, manchmal fast poetisch - besonders in den Briefpassagen, die kleine literarische Inseln im Strom des Dramas bilden. Und doch konnte die Intensität der Sprache nicht immer das Gefühl ausgleichen, dass mir die Lektüre stellenweise zu bedrückend wurde.Fazit: "Alles, was ich geben kann - The Last Letter" ist ein Roman, der mit voller Wucht ans Herz geht. Für mich war die Fülle an schweren Themen allerdings zu viel, sodass die Lesefreude getrübt wurde. Wer eine Geschichte sucht, die gleichermaßen Liebe, Schmerz und tiefe Verzweiflung auslotet, wird hier fündig - ich selbst hätte mir an manchen Stellen etwas mehr Leichtigkeit gewünscht.3,5 Sterne.