Das Setting, das Max Reiter in seinem neuen Thriller setzt, ist zwar nicht völlig originär und neu ("Du wirst mich lieben" als sehr erfolgreiche Serie geht in ähnliche Richtung wie auch manch anderer Plot der letzten Jahre), aber immer noch frisch genug, um nicht als "ausgetretene Bahn" daher zu kommen. Und in der modernen Welt ist es schon eine beklemmende Entwicklung, wie das Phänomen der "Stalker" doch vermehrt auftritt. Und, auch wenn manches übertrieben wirken mag, was Reiter in den Raum der Seiten setzt, so abwegig ist das inzwischen gar nicht mehr, dass ein "Fan" der schlechten Sorte bewusst "über Leiche geht", um das Objekt seiner Begierde umfassend und völlig alleine "auf sich selbst" zu fixieren. So ergeht es der schönen Annika, deren Leben, von außen betrachtet, wie ein Lotteriegewinn erscheinen mag. Attraktiv, energiegeladen, im Beruf Schritt für Schritt gelingend nach oben hin unterwegs. Und kühl und unnahbar. Scheint es. Bis man einen Blick in das tief verletzte, brutal mitgenommene Innere der Frau erhascht.Denn all das Gute und wertvolle, das, was ihr Glück ausmachen würde, wurde ihr genommen. Der Ehemann, den sie voller Glück geheiratet hat. Tot.Die beste Freundin, die ihr Leben begleitet hat, der Trost in ihrer Trauer nach dem Tod des Mannes und der feste Anker ihres Lebens war. Tot.Und zwar nicht "einfach so" aufgrund des Schicksals. Im Hintergrund zieht jemand die Fäden (gut gelungen in der Darstellung ist, dass Leser und Leserinnen auch immer wieder durch Perspektivwechsel im Thriller Einblick in diese ominöse Person erhalten). Jemand, der sich fest auf die Fahne geschrieben hat, hat diese attraktive Frau "Besitz" ist. Und alles, was daran stören könnte und jeder und jede, die emotional wichtig und eng an Annika gebunden sind, aus dem Weg geräumt werden muss. Ganz am Boden, verzweifelt und wie unentrinnbar in einer Falle mit unsichtbaren Gitterstäben gefangen aber besinnt sich Annika auf ihre Talente und Fähigkeiten. Auf ihre Klugheit. Und nimmt ihre (letzte) Chance in die Hand. Sie entwickelt einen Plan. Gefährlich. Ohne Gewähr auf Gelingen. Aber wenn sie dieser Figur, die die Fäden ihres eigenen Lebens so unerbittlich fest gepackt hat, nicht entgegentritt, dann würd ihr Leben wohl nie wieder ein wirkliches Leben sein. Der Prolog wirft da bereits ein Licht auf das, was wohl kommen wird. Blut und Kampf, Finte und Strategie, Täuschung aus "aus dem Nest locken", all das legt Reiter in sich stimmig und mit Tempo vor. Eine Dynamik und Spannung der Ereignisse, der die sprachliche Umsetzung nicht immer hautnah und emotional dicht vor Augen setzt. In manchen Passagen verbleibt Reiter zu sehr mit gewisser Distanz beschreibend, was die emotionale Intensität nicht immer erhält. Ein Thriller, der damit vor allem aus den Ereignissen selbst seine Spannung bezieht und die Neugier bei Lesern und Leserinnen über diesen "Lebenskampf" erhält. Am Ende aber eine interessante Ausgangslage und ein gelungenes "Katz- und Maus Spiel" der besonderen Art.