Episodenroman, das dadurch heraussticht, dass es Neapel und die Neapolitaner gut und realistisch beschreibt.
Ein "Caffè sospeso" ist so etwas wie ein "aufgeschobener Kaffee" und stammt ursprünglich aus den Arbeitervierteln von Neapel. Hierfür bestellt man in einer Bar zwei Kaffee und trinkt selbst nur einen. Der zweite, bereits bezahlte Kaffee, wird vom Barista notiert und Personen weitergegeben, die danach fragen. Dies soll nicht als ein Akt der Wohltätigkeit verstanden werden, sondern als eine Möglichkeit, Freude zu teilen: "Was hier verschenkt wird, ist nicht ein Kaffee, sondern die Welt darum herum, das Spektakel, das man mit anderen teilt, die Blicke, die sich kreuzen, Menschen, die liebenswert sind."(S. 14). Dieses Spektakel um den "Caffé sospeso" stellt uns die Autorin Amanda Sthers über ihre Romanfigur Jacques Madelin vor. Der Franzose Jacques kam nach einer enttäuschten Liebe nach Neapel und blieb. Fast jeden Tag, über 40 Jahre, sitzt er im Café Nube und beobachtet die Neapolitaner. In sieben in sich abgeschlossenen Geschichten erzählt er uns die Geschichten, die sich rund um dem "Caffé sospeso" ergeben. Jede Geschichte hat ihren Bezugspunkt im Café Nube bzw. im "Caffé sospeso". Es sind die verschiedensten Menschen, die das "Caffé sospeso" miteinander verbindet. Arm und Reich, Neapolitaner oder nicht, Jung und Alt. Geschickt fließen neapolitanische Besonderheiten, wie die Kultur oder Mythologie, in die Geschichten ein. Natürlich darf Maradona nicht fehlen, den die Neapolitaner lieben und zur Legende gemacht haben. Auch ein Bezug zur Camorra wird hergestellt und beschrieben, wie tief sie in das Leben in Neapel verwoben ist. Die Menschen, die das Café Nube betreten werden sehr gut beobachtet und sehr detailliert beschrieben. Der Autorin gelingt es sehr gut, die neapolitanische Mentalität einzufangen. Auch die Atmosphäre im Café Nube ist sehr bildhaft beschrieben. Ich konnte dieses Café-Gefühl regelrecht spüren und hatte, während dem Lesen, dieses Geklirre der Tassen im Ohr und den Kaffeegeruch in der Nase. Zwischen den einzelnen Geschichten erfahren wir mehr über Jacques Leben. Diese Einschübe sorgten etwas für Spannung im Buch. Denn obwohl interessante Geschichten dabei waren, konnte mich das Buch nicht ganz begeistern. Teilweise waren die sieben Episoden etwas langatmig und ließen mich gedanklich etwas abschweifen. Vielleicht wäre mehr Jacques - für mich - besser gewesen. Fazit:"Caffé Sospeso" ist ein Episodenroman, das Neapel sehr gut und realistisch darstellt. Durch mehrere in sich geschlossene Geschichten lernen wir die vielen schönen und hässlichen Seiten von Neapel kennen. Geschickt wurden die sieben Episoden, die für mich teilweise etwas langatmig waren, mit dem Café Nube, "Caffé Sospeso" und Jacques verbunden. Diese Verbindung und die Einschübe sorgten nicht nur für eine Verbindung zwischen den einzelnen Geschichten, sondern auch für Spannung. Wer mit Episodenromanen zurechtkommt und dieses italienische Café-Gefühl spüren möchte, dem könnte "Caffé Sospeso" gefallen.