Zwei Linien im Buch¿Die missgünstig krittelnde Gereiztheit¿.kennzeichnete die Atmosphäre nicht nur in Wiener Literatenkreisen. Sie war vielmehr charakteristisch für die Stimmung in ganz Europa am Vorabend des ersten Weltkriegs¿.Ein Zitat aus dem Buch, das beide Erzähllinien des Autors in sich vereinigt und die Methode seiner Herangehensweise (¿Darstellung aus der Sichtweise der ¿Verlierer¿¿) beleuchtet.Denn über eine ruhig erzählte, intensive Biographie des Autors Arthur Schnitzler in jenen Jahren vor rund während des ersten Weltkriegs und einer ebenso nachvollziehenden Biographie seiner engen ¿töchterlichen¿ Vertrauten Stephanie Bachrach verknüpft Karsten in durchaus funktionierender Art und Weise einen Eindruck der gesamten Atmosphäre, gesellschaftlich, kulturell, wirtschaftlich und politisch der KUK Zeit vor und während des ersten Weltkrieges. Wobei Karsten für diese Form der Herangehensweise seinen Schwerpunkt auf die beiden genannten Personen setzt, aber nebenher vielfach weitere bekannte und (inzwischen zumindest) eher unbekannten Personen jener Zeit folgt und immer wieder deren persönliches Ergehen, Karrieren, Lebensweisen, wie auch deren Scheitern oder Nicht-Gelingen empathisch einfügt, um auf diese Weise vielfache Grundströmungen jener Jahre zu vermitteln.Eine Methode, die am Ende der Lektüre als gelungen empfunden werden kann, während der Lektüre allerdings auch Konzentration mit erfordert, um in bestimmten Teilen des Buches nicht zu vergessen, dass das eigentliche Ziel der Darstellung über die konkreten Lebensumstände des Literaten und seiner jungen Vertrauten deutlich hinausgeht.Immer wieder aber fasst Karsten die bedeutsamen Umstände jener Zeit in Themenblöcken zusammen und entwickelt so ein klares Bild davon, warum in einer Zeit der scheinbar festgefügten ¿Ordnungen¿ der Bürgermeister von Wien (mit erstaunlichen Parallelen zur Gegenwart) einen höchst antisemitischen Populismus für seine politischen Zwecke nutzt, ohne sich persönlich und privat im Geringsten davon beeinflussen zu lassen und ebenso wird deutlich, welche ¿Klassenveränderung¿ (durch das erweiterte Wahlrecht) nicht nur diesen Bürgermeister plötzlich ¿nach oben spülte und wie eine ganze Partei neu und wirkmächtig entstand aufgrund dieser Veränderungen bis dahin anderen Rechts.Wie zudem das Gedankengut Nietzsches stark mit hineinspielt, die Kunst-Szene mehr und mehr den Eindruck gewann, fast religiöse Kraft zu entfalten (ein Hintergrund, auf dem man Stefan Zweigs ¿Die Welt von gestern¿ noch besser nun versteht), um dann doch am Ende ohnmächtig dem ¿Rückfall in die Barbarei¿ gegenüber zu stehen, das nimmt Karsten ebenso auf, wie den Blick auf die sich verändernde Wirtschaftspolitik, die auch damals bereits von Ideologien nach einem ¿freien Markt¿ in Frage gestellt wurde, die allmählich die strikt gesetzte, breite Kontrolle der Wirtschaft durch die Politik (um sicherzustellen, dass Renditen auch ¿nach unten¿ durchsickerten).¿Das Verhältnis eines berühmten Schriftstellers zu einer ganz unbekannten¿.jungen Frau bildet also den äußeren Rahmen der¿Darstellung. Innerhalb dieses Rahmens gilt es, die Welt zu schildern, in der sich dieses Verhältnis entwickeln konnte¿.Was Karsten gut gelingt und den Leser mitten hinein nimmt in die Atmosphäre und die Entwicklungen jener Zeit. Auch wenn dafür vielleicht andere Personen ebenso geeignet gewesen wären oder eine größere Konzentration auf die großen Linien mit eher einer ¿Nebenbei¿ Betrachtung Schnitzlers mitsamt seiner ¿Steph¿ vielleicht ausgereicht hätten.Insgesamt eine andere Form der Darstellung und eine interessante, gehaltvolle Lektüre.