Ein wundervolles Buch über Verlust, Trauer und Neubeginn
In diesem Roman geht es um Innehalten, Trauerbewältigung und Neuanfang. Beschrieben wird das Leben einiger Menschen in einem wallisischen Dorf. Es rankt sich um drei Frauen, einen Obstgarten und imbesonderen um Bienen. Hannah steht vor der Wand der Trauer um ihren Mann John und es gelingt ihr nur schwerlich, Zugang dazu zu finden. Als würde das nicht genügen, erfährt sie von einem großen Geheimnis ihres Mannes. Ein großer Vertrauensbruch tut sich auf und es muss wahnsinnig schwer sein zu begreifen, dass der Mensch, den man dachte in und auswendig zu kennen, ein 2. Leben hatte. Ihr blieb das Geschenk eines eigenen Kindes verwehrt, was diese Erkenntnis noch erschwert. Auch ihre Schwester und Johns Kind tragen einen Kummer und zögerlich entwickelt sich eine neue Sicht auf die Dinge. Hannah entdeckt ihre Leidenschaft zu ihrem Obstgarten, die sie früher nicht ausleben konnte. Johns große Liebe zu seinen Bienenvölkern spricht aus Briefen, die er Hannah hinterlassen hat. Eine Offenheit scheint zu Lebzeiten nicht möglich gewesen zu sein. Es ist grausam, wie falsche Entscheidungen soviel Traurigkeit im Leben aller Beteiligten verursachen können, vielleicht hätte durch eine andere Abbiegung Leid verhindert werden können. Aber so spielt das Leben. Auch Hannah und ihre Schwester haben sich im Laufe der Jahre voneinander entfernt und suchen einen neuen Weg miteinander. Geheimnisse spielen auch da eine große Rolle. Gesellschaftliche Normen und familiäre Gegebenheiten formen unser Leben, das wird hier deutlich. Mich haben insbesondere in Johns Briefen die Vergleiche der Bienen zu ihrem gemeinsamen Lebensweg sehr berührt. Die wunderbar gefundenen Worte der Autorin tragen zugleich eine Leichtigkeit als auch eine bedeutsame Schwere in sich. Sie sagen so unendlich viel aus und lassen erkennen, wie der Druck von außen sie beide verstummen ließ. John's Beschreibung der Bienen ist der Vergleich zu ihrer Sprachlosigkeit, denn es wird deutlich, dass sich ab der Zeit der Abtreibung auch in Hannah was verändert hat. Die Offenheit zueinander und die Träume in eine selbstbestimmte Zukunft haben sich Stück für Stück entfernt. Ich kann mir vorstellen, dass Geheimnisse so entstehen können. Die Autorin schafft es hier feinfühlig das Zusammenwachsen der Protagonisten zu beschreiben. Es ist ein "leises" Buch, doch für mich stecken wir alle darin. Unsere Leben, unsere Zweifel und verpassten Chancen. So manch einer würde sich wünschen, eine zweite Chance zu bekommen. Wenn man die Zusammenhänge erkennt. Eine tolle Geschichte!