Ein herausforderndes, packendes Buch, das mich verwirrt und fasziniert hat ¿ so etwas habe ich noch nie gelesen. Allerdings kein Jugendbuch
Diese Geschichte hat mich auf eine emotionale Achterbahnfahrt geschickt - mit Momenten voller Faszination, Irritation, Überraschung und gelegentlichem Stirnrunzeln. Besonders beeindruckt hat mich die Grundidee, den Menschen Instinkte zuzuschreiben, die ihr Handeln bestimmen. Das wirft nicht nur philosophische Fragen auf, sondern erzeugt auch eine beklemmende Atmosphäre: Wie frei ist ein Mensch, wenn selbst das Öffnen einer Tür nicht mehr aus eigenem Willen geschieht? Diese Ambivalenz zwischen Sicherheit und Kontrollverlust hat mich nachhaltig beschäftigt.Der Einstieg in die Geschichte fiel mir leicht, die Figuren wirkten schnell vertraut, auch wenn manche ihrer Handlungen irritierend oder gar grotesk anmuteten. Gerade solche Szenen haben mich aber auch zum Nachdenken gebracht: über familiäre Dynamiken, über Gewalt, über das, was unausgesprochen bleibt. Gleichzeitig blieb vieles rätselhaft - etwa Claires Motivation oder die Herkunft des sogenannten Raunens - was meine Neugier weiter anfachte.Nicht jeder Abschnitt hat mich gleichermaßen überzeugt. Einige Szenen wirkten überzeichnet oder schwer nachvollziehbar, besonders im Hinblick auf die Zielgruppe. Für ein Jugendbuch ist die Geschichte erstaunlich komplex, stellenweise sogar verwirrend. Doch gerade diese Vielschichtigkeit hat mich auch gereizt. Ich mochte es, dass die Handlung nicht vorhersehbar war, dass sie sich immer wieder in neue Richtungen entwickelte und mich zum Mitdenken zwang.Was mir besonders positiv aufgefallen ist: Die Geschichte bleibt bei ihren Figuren. Es werden nicht ständig neue Charaktere eingeführt, sondern die bereits bekannten entwickeln sich weiter - mit all ihren Widersprüchen, Zweifeln und inneren Kämpfen. Das verleiht der Geschichte Tiefe und emotionale Dichte. Auch die Diskussionen rund ums Essen und Trinken, die sich erst auf den zweiten Blick als bedeutungsvoll entpuppen, haben mir gefallen - sie zeigen, wie vielschichtig das Erzählte ist, selbst in scheinbar nebensächlichen Details.Gegen Ende wurde es dann richtig turbulent - fast schon überladen. Die vielen Wendungen, das Spiel mit Identitäten, Zeit und Bewusstsein haben mich stellenweise überfordert. Manche Entwicklungen wirkten konstruiert, andere wiederum tief berührend. Dennoch: Die Geschichte hat mich nicht losgelassen. Sie hat Fragen aufgeworfen, mich herausgefordert und zum Weiterdenken angeregt - und genau das erwarte ich von einem guten Buch.Abschließend lässt sich sagen: Dieses Buch verlangt volle Aufmerksamkeit - es ist kein Werk für nebenbei. Die komplexe Handlung und die dichte Atmosphäre fordern Konzentration, belohnen aber mit Spannung und überraschenden Wendungen, die einen regelrecht fesseln. Trotz dieser Stärken hinterlässt die Geschichte einige offene Fragen, und das Ende wirkt etwas überstürzt, was den Gesamteindruck leicht trübt. Deshalb vergebe ich solide 3,5 Sterne - mit viel Respekt für die Idee und das erzählerische Wagnis.