Mit Doris Dörrie im Souvenir-Karussell
Mit Doris Dörrie zu verreisen ist ungefähr so, als würde man mit einer leicht chaotischen, aber unglaublich charmanten Tante im Flohmarkt verloren gehen - und plötzlich mit einer Plastikschildkröte, einem Curry-Pulver in Tütchen und einer völlig überflüssigen, aber magisch bedeutungsvollen Figur im Rucksack wieder auftauchen. In "Die Reisgöttin" sammelt sie Dinge, die auf den ersten Blick wie Krempel wirken, aber beim genaueren Hinsehen plötzlich Geschichten freisetzen. Ein Origami-Tierchen wird zur Tür in eine Erinnerung, ein Fleckenpulver zum Zaubermittel gegen das Unaussprechliche, und eine Reisgöttin? Nun ja, die steht halt da und grinst - und schon steckt man mitten in Dörries Kopfkino.Die Texte sind wie Souvenirs selbst: manchmal glänzend, manchmal schief, manchmal ein bisschen kitschig - aber fast immer überraschend. Klar, nicht jede Anekdote ist ein Volltreffer, und ab und zu dachte ich mir: "Okay, das hätte man auch in einem Satz erledigen können." Aber dann haut sie wieder einen Gedanken raus, der sich zwischen Leber und Zwerchfell festkrallt. Und das schafft nicht jede.Was mir gefällt: Dörrie nimmt sich selbst nicht so ernst. Sie erzählt, als würde sie neben dir im Flugzeug sitzen und statt über Turbulenzen lieber über eine lächerlich hässliche Maske aus Mexiko philosophieren. Das macht das Buch herrlich unprätentiös. Aber man muss schon Lust auf diese Art von "Souvenirs in Buchform" haben - wer hier eine klassische Reiseliteratur mit Fakten und Landeskunde sucht, wird enttäuscht.Unterm Strich: vier Sterne. Kein literarischer Himalaya, aber definitiv eine charmante Reisebegleitung fürs Sofa. Wer gern zwischen Schmunzeln, Augenrollen und echtem Staunen pendelt, ist hier goldrichtig.