Schachgeschichten

Offenbar gehen beide Autoren davon aus, dass jeder, der sich für Schach interessiert, auch eine Neigung zur Mathematik haben müsste. Das wird jedoch nicht stimmen, wenngleich beide Beschäftigungen ohne Logik nicht denkbar sind.Frederic Friedel scheint so etwas wie eine graue Eminenz in der Schachwelt zu sein. Er kennt jeden Weltmeister der vergangenen Jahrzehnte und ist mit ihnen mehr oder weniger eng befreundet. Davon profitiert dieses Buch ungemein. Als Leser erhält man tiefere Einblicke in diese Welt. Daneben zählt Friedel zu den Entwicklern von Schach-Datenbanken. Vieles davon entstand aus seiner engen Freundschaft zu Garri Kasparow.Christian Hesse hingegen ist Professor für Mathematik in Stuttgart. Auf ihn gehen die Texte zu mathematischen Problemen rund ums Schachbrett zurück, die sogar bis zur lange offenen Behauptung von Fermat reichen, deren Geschichte und Lösung man auch in diesem Buch findet. Das scheint mir dann doch eine ungeheure Spannbreite zu sein, die manchen Schachinteressierten überfordern dürfte. Man kann diese Texte natürlich auch einfach weglassen.Friedels Anteil wäre auch ohne die mathematischen Texte ein Renner geworden, der von Hesse dagegen eher nicht. Warum die beiden dieses Buch zusammen geschrieben haben, ist mir ein kleines Rätsel. Man kann das tun, muss es aber nicht.Wer sich hingegen für Schach interessiert, kommt bei Friedel voll auf seine Kosten. Die vielen Anekdoten lohnen, weil sie einzigartig sind. Niemand anderes kennt die Schachgrößen wohl besser als er. Obendrein zeichnet ihn ein besonderes Verdienst aus: Er hat einige spätere Weltmeister als Jugendliche mit amtierenden oder ehemaligen Königen dieser Disziplin zusammengebracht und ihnen so einen rasanten Aufstieg ermöglicht. Auch das ist einzigartig und geht wohl nur, wenn man mit den Größen der Zunft so eng befreundet ist wie Friedel.Mir hätten diese Geschichten allein schon gereicht, auf den Rest hätte ich verzichten können, obwohl ich dort vom Fach bin.

Ein nützlicher Helfer für das Treffen von alltäglichen Entscheidungen