Amerika im Winter 1940, in Kalifornien hoffen die Farmer verzweifelt auf Regen und damit auf ein Ende der andauernden Dürre. Leider deutet nichts darauf hin, das sich das Wetter bald ändern wird, täglich beobachten die Meteorologen im Wetteramt die Entwicklungen, tragen Daten zusammen, die ihnen von Schiffen und anderen Standorten gemeldet werden und erstellen damit Karten für ihre Vorhersagen. Ein Jung Meteorologe ist bereits etwas gelangweilt von seiner ereignislosen Tätigkeit und ärgert sich, nicht den Job am Flughafen angenommen zu haben, dort müsste er nicht die Anrufe besorgter Hausfrauen entgegennehmen, die wissen möchten, ob sie ihre Wäsche gefahrlos nach draußen hängen können. Nein, heute definitiv kein Regen, lautet seine eintönige Antwort. Um seine Tätigkeit etwas interessanter zu gestalten hat sich der JM angewöhnt den heranwachsenden Stürmen auf seiner Wetterkarte namen zu geben, Frauennamen, die auf ia enden. Einige davon verpuffen schon recht kurz nach ihrer Geburt über dem Meer, andere sind hartnäckig, nehmen auf ihrer Reise über das Wasser ständig an Fahrt auf und haben die Bezeichnung Sturm auch tatsächlich verdient, so wie Maria.Maria, der Sturm, ist die ungewöhnliche und absolut einzigartige Protagonistin dieses ebenso ungewöhnlichen und einzigartigen Romans. Erst ein kleines Lüftchen irgendwo im Pazifik, nur erkennbar durch die Werte am Barometer, später ein imposanter Sturm, der Schiffe in Seenot bringt. Und neben Maria die menschlichen Protagonisten der Geschichte, die Menschen, die beruflich mit Maria zu tun bekommen, wie die Meteorologen, der Chef der Elektrizitätswerke, der Verantwortliche für die Staudämme, der Chef der Telefongesellschaft, die Mitarbeiter der Straßenmeisterei, die Fahrer von Schneefräsen und die, auf andere Weise von Maria und ihren Folgen betroffen sind. Die Herangehensweise des Autors an dieses Buch ist wirklich sehr speziell. Unglaublich detailliert schildert er physikalische Gesetzmäßigkeiten, die Vorgänge die sie in Gang setzen und die daraus resultierenden Folgen. Der Leser begleitet so nicht nur sehr bildhaft und minutiös die Entstehung von Maria, sondern zb auch die unglückliche und letztlich tödliche Zwischenlandung einer Eule auf einer Telefonleitung, der daraus resultierenden, eigentlich unbedeutenden Beschädigung dieser Leitung bis hin zu ihrem finalen Ausfall durch weitere sturmbedingte Zufälle. Es ist wirklich unfassbar, welche Mühe hinter all dem steckt, wie der Autor so eins zum anderen bringt, vom hundertsten zum tausendsten kommt, den sogenannten Schmetterlingseffekt beschreibt. Da ist dann ein Unfall, eben nicht nur ein Unfall, sondern eine Verkettung vieler kleiner Zufälle, wie einem morschen Baum an dem ein Eichhörnchen nagt und der vom Regen unterspült wird und deshalb ein Stück verrutscht und, ach, lesen sie es doch einfach selbst.All diese Beschreibungen sind zwar sehr kleinteilig, aber unglaublich interessant. Weniger interessant, sondern für mich eher langatmig waren hingegen die wissenschaftlichen Beschreibungen. Seitenweise darüber zu lesen, wie Luftmassen sich an Berghängen verhalten, oder welche Wetterlage bei welchem Barometerstand zu erwarten ist, ist wahrscheinlich für Leser interessant, die einen Bezug zu dieser Thematik haben, ich mochte es nur bedingt. Zum Glück waren die Kapitel von recht unterschiedlicher Länge, manchmal sogar überraschend kurz und eben immer wieder unterbrochen von den persönlichen Geschichten zu den anderen Figuren, oder auch durch Schlagzeilen aus der Tagespresse, oder Radiomeldungen. Egal aber um welche Thematik es sich handelt, George R. Stewart schreibt so wunderbar opulent, bildhaft, atmosphärisch, philosophisch und poetisch, wie ich es bisher nur selten gelesen habe. Wortwörtlich kann man hier sagen, sogar der Wetterbericht klingt bei ihm wie ein Poem. Warum, wird sich mancher jetzt allerdings fragen, habe ich das Buch dann nur mit drei Sternen bewertet? Einfach, weil ich es, trotz dieser Sprachgewalt, stellenweise als unglaublich schwer, langatmig, ermüdend und anstrengend empfunden habe. Ich glaube ich habe noch nie ein Buch gelesen, an dem ich so lange festgehangen habe. Obwohl die Kapitel oft so kurz waren, habe ich es nie geschafft längere Abschnitte zu lesen, meist war mir das Ganze schon nach zwanzig, dreißig Minuten zu viel und ich habe das Buch zur Seite gelegt und pausiert, mehr als einmal war ich tatsächlich kurz davor abzubrechen, weil ich dachte ich würde es nie schaffen das Buch zu beenden. Es war ein Kampf, anders kann ich es nicht beschreiben. Das Buch hat mich in seiner Gesamtheit an meine Grenzen gebracht, es ist auf der einen Seite ein literarischen Kunstwerk, ein gelungenes Experiment, ein Novum, aber auf der anderen Seite einfach Arbeit, richtig harte Arbeit für mich als Leser und trotzdem bin ich froh, dass ich es gelesen habe und das ist letztlich auch der Grund für nicht weniger als solide drei Sterne.