In diesem Werk nehmen wir Leser teil an der Lebensgeschichte Hermann Hesses. Vielmehr als das jedoch werden wir durch die zusammengestellten, autobiographischen Texte und Gedichte mitgenommen auf eine philosophische Reise in die Tiefen des Lebensweges, der laut Hesse in Stufen unterteilt ist. Dieses Konzept wird auf einzigartige Weise vorgestellt und bis in die Tiefen betrachet, ohne belehrend zu sein und lässt auch noch genügend Raum für eigene Gedanken.Tief bewegt habe ich das Buch nach der Lektüre zugeklappt und weiß, dass es ab heute ein treuer Lebensbegleiter für mich sein wird.Beginnend mit der frühen Kindheit bis hinein ins hohe Alter hinein zeichnet Hermann Hesse die Stufen des Lebens nach, die den Weg vom Anfang zum Ende des Lebens bilden. Dabei ist dieser Weg nicht ein Weg für sich, sondern jede Stufe ein Teil des Lebens, der einen Beginn und ein Ende hat; trägt also auch Geburt und Tod in sich. Hesse macht mit seinen zauberhaften, wunderschönen Beschreibungen, in die oft die Schönheiten der Natur mit einfließen, deutlich, dass jede Stufe dankbar angenommen, betreten und ohne Trauer und Bedauern wieder verabschiedet werden soll. Nur so kann die nächste Stufe betreten werden und der Zauber des Neubeginns uns umhüllen - dieser wunderbare Zauber, der uns die Furcht nimmt und uns schützt. Mit jeder Stufe entwickeln wir uns weiter, mit und vor allem auch durch unsere guten und schlechten Erfahrungen. Das Ziel der Reise ist die Reise selbst, tapfer und wohlgesonnen sollen wir voranschreiten, das Jetzt genießen, ohne daran hängen zu bleiben. Sobald die Gewohnheit einsetzt, kommt der Trott und es beginnt das Welken - dieses sollen wir als Zeichen sehen, als Aufforderung zum Aufbruch. Wer weilt, entwickelt sich nicht weiter.FAZIT:Das Leben beginnt mit der Geburt, mit dem großen Aufbruch: Wir wissen noch nichts von Gegensätzen, den Widersprüchlichkeiten des Lebens, von Gut und Böse, von Richtig und Falsch. Im Laufe des Weges, mit Erklimmen der Stufen, erkennen wir mehr und mehr die Zusammenhänge, dass beispielsweise Gutes nicht geschehen kann, ohne dass zuvor Schlechtes geschehen ist. In diese Erkenntnisse wachsen wir hinein, sofern wir es zulassen und entwickeln uns weiter statt beim Verharren, beim nicht Abschied nehmen können, zu verkümmern. Jede Stufe beeinhaltet einen neuen Anfang und ein neues Ende und ganz am Ende steht der Tod, der uns versöhnt, macht doch der Prozess des Alterns uns geduldiger und milder und mehr und mehr zu nachsichtigen Beobachtern als agierenden Menschen und die Widersprüchlichkeiten, die Gegensätze verschwimmen wieder."Mit Freude und furchtlos, ja mutwillig, überließ die Pappel Zweige und Laubgewand dem stark anschwellenden feuchten Winde, und was sie in den Gewittertag hineinsang und was sie mit spitzem Wipfel in den Himmel schrieb, war schön, war vollkommen, war so heiter wie ernst, so Tun wie Erleiden, so Spiel wie Schicksal, es enthielt wiederum alle Gegensätze und Gegensinne. Nicht der Wind war Sieger und stark, weil er aus jeder Beugung elastisch und triumphierend zurückzuschnellen vermochte, es war das Spiel von beidem, der Einklang von Bewegung und Ruhe, von himmlischen und irdischen Mächten: der unendlich gebärdenreiche Wipfeltanz im Sturme war nur noch Bild, nur noch Offenbarung des Weltgeheimnisses, jenseits von Stark und Schwach, von Gut und Böse, von Tun und Leiden." (S. 195)