Ein lesenswertes, wichtiges und an vielen Stellen auch spannendes und berührendes Buch.
Liz Moores "Der Gott des Waldes" ist zurzeit allgegenwärtig - und ein echter Pageturner, mit dem man sich in einen wahren Sog hineinliest. Deswegen war ich sehr neugierig auf ihren etwas älteren Roman "Long Bright River", ins Deutsche übersetzt von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann. Auch dieses Buch ist, wie "Der Gott des Waldes", eine packende Mischung aus Krimi, Thriller, Familiendrama und Gesellschaftskritik und beschäftigt sich mit dem großen und leider immer noch aktuellen Thema der Drogenkriminalität in den USA, ganz konkret in Philadelphia.Protagonistin der Geschichte ist Mickey, eine Anfang-30-jährige Polizistin, die in Philadelphias berüchtigtem Viertel Kensington auf Streife geht - ein Viertel, das von Drogen, Gewalt und Prostitution beherrscht wird und in dem auch ihre jüngere Schwester Kacey, die bereits als Teenagerin den Drogen verfallen ist, zuhause ist. Auch wenn das Verhältnis der beiden Schwestern seit Jahren schlecht ist, hat Mickey immer ein Auge auf Kacey - bis sie eines Tages verschwindet. Zur gleichen Zeit treibt sich ein Serienmörder in Kensington herum und Mickey befürchtet das Schlimmste.Es geht aber in der Geschichte nicht nur um den Kriminalfall, sondern auch um die Vergangenheit von Mickey und Kacey, um ihr Aufwachsen in einem Problemviertel, um den frühen Tod ihrer drogenabhängigen Mutter, um den Kampf um Liebe und Zuneigung und gegen Vorurteile und konsequente Benachteiligung. Kapitelweise wechselt die Handlung dabei zwischen der Gegenwart, in der Mickey auf der Suche nach ihrer Schwester und dem Mörder ist, und der Vergangenheit, der Kindheit und Jugend der beiden Schwestern, hin und her.Manchmal fand ich diesen Wechsel etwas frustrierend, da die Handlung in der Gegenwart natürlich um einiges spannender ist, während die Kapitel in der Vergangenheit langsamer erzählt sind und so die Dynamik immer wieder durchbrochen wird. Insgesamt hat die Geschichte auch keinen derartigen Sog entfaltet wie "Der Gott des Waldes", liest sich aber trotzdem über weite Strecken gut und fesselt vor allem aufgrund der ernsten, sehr bewegenden Thematik."Long Bright River" ist ein authentisches, berührendes und an vielen Stellen auch wütend machendes Porträt einer Klassengesellschaft, in der die, die ganz unten sind, systematisch ausgegrenzt und vom Rest der Gesellschaft vergessen werden. Einmal mehr legt Liz Moore damit den Finger in die Wunde gesellschaftlicher Gräben und macht vor allem auf alarmierende Probleme wie Drogenkonsum und Polizeigewalt in den USA aufmerksam. Deshalb ist "Long Bright River" auf jeden Fall ein lesenswertes, wichtiges und an vielen Stellen auch spannendes und berührendes Buch.