Michelangelo Buonarroti, weltberühmt als Bildhauer, Maler und Architekt der Hochrenaissance, offenbart in seiner Lyrik eine ebenso beeindruckende Tiefe wie in seinen bildnerischen Werken. Die Gedichte Michelangelos, ursprünglich auf Italienisch verfasst, bilden ein faszinierendes literarisches Zeugnis seines inneren Lebens, seiner geistigen Kämpfe und seiner spirituellen Suche. Diese Sammlung eröffnet einen seltenen Einblick in das Denken eines Mannes, der nicht nur die Decke der Sixtinischen Kapelle schuf und den "David" aus dem Marmor befreite, sondern auch in Sprache und Vers eine Meisterschaft entwickelte, die seiner künstlerischen Schöpfung ebenbürtig ist.
Die Gedichte Michelangelos zeichnen sich durch eine beeindruckende emotionale Intensität und formale Strenge aus. Sie thematisieren die Spannungsfelder von Liebe und Tod, Schönheit und Vergänglichkeit, sowie die Zwiesprache mit Gott. Seine Verse bewegen sich zwischen tiefer religiöser Gläubigkeit, stoischer Reflexion über das menschliche Dasein und einer oft schmerzlichen Auseinandersetzung mit dem eigenen schöpferischen Drang. Besonders hervorzuheben ist die Ambivalenz zwischen körperlicher und geistiger Liebe - eine Thematik, die in der Renaissance-Lyrik selten mit solcher Ehrlichkeit behandelt wurde.
Michelangelos Gedichte zeigen seine außergewöhnliche Vielseitigkeit: Er war nicht nur ein Meister des Steins, sondern auch ein feinsinniger Dichter, der mit Sprache zu formen wusste, wie er es mit Marmor tat. Seine Lyrik verbindet platonische Philosophie mit christlicher Mystik, Kunst mit Spiritualität, und verleiht seinem Werk eine metaphysische Dimension, die bis heute tief berührt. Die Gedichte sind somit nicht bloß literarische Nebenschöpfungen eines bildenden Künstlers, sondern integraler Bestandteil eines einzigartigen, ganzheitlich schöpferischen Geistes.
Diese Ausgabe lädt ein, Michelangelo als Dichter zu entdecken - als einen, dessen Wortgewalt ebenso unvergänglich ist wie seine Monumente aus Stein.