Diese besondere Fantasy-Geschichte glänzt nicht durch sich überschlagende Handlungsstränge oder Plottwist über Plottwist, sondern die Charaktere und Magie.
Letztere habe ich so noch nie gelesen. Anfangs wird man einfach hineingeworfen und versteht noch nicht, was es damit auf sich hat. Es macht Spaß und ist faszinierend, dieses Magiesystem zu entdecken und gemeinsam mit den Protagonisten neue Erkenntnisse zu gewinnen.
Das Setting fand ich wunderbar. In dieser Welt ist es ganz normal ist und nicht mal erwähnenswert, dass zwei Männer heiraten. Männer von hohem Stand tragen Kleider und das lange Haar in aufwendigen Flechtfrisuren. Hosen sind in diesen Kreisen für Männer verpönt. Diese Perspektive, so anders als die unsere, hat mir sehr gefallen. Auch Gebärdensprache spielt eine Rolle, und eine Person hat eine DIS.
Meine Highlights waren Luciens medizinische Profession (und so manche Patientin) und seine Andersartigkeit. Er nimmt Magie und Menschen anders war, hat eine soziale Batterie und ist quasi das neurodivergente Äquivalent in dieser neurotypischen Gesellschaft. Ich habe soooo viele Parallelen zwischen ihm und mir gefunden und mich sehr gesehen gefühlt. Die besondere Beziehung, die sich zu Noel und seiner Tochter Celeste entwickelt, fand ich sehr berührend.
Vor allem gefiel mir der Umgang mit Celeste. Kinder werden in Büchern oft negativ dargestellt (zu wild, zu laut, müssen geformt werden) und das sagt viel über unsere Gesellschaft aus. Dass Noel (und auch Lucien inklusive Hausstand) Celeste stets auf Augenhöhe begegnet und sie als Individuum behandelt, ihre Interessen fördert, statt sie so zu formen wie sie sein müsste, hat in meinem inneren Kind einiges geheilt.
Timmo Niesner und Tim Gössler lesen den Hauptteil dieses Buches und bringen die jeweiligen Charakterzüge ihrer Figur super rüber. Mala Sommer rundet diese Hörerfahrung wunderbar ab.
Wenn ihr also nach einem inklusiven, sehr gefühlvollen Read mit einzigartiger Magie und reichlich Found Family sucht, kann ich euch dieses Buch nur empfehlen.