Man kann auch in die Höhe fallen

Joachim Meyerhoff hat den sechsten Band seiner Lebenserinnerungen herausgebracht. Inzwischen ist er 56 Jahre alt und hat einen Schlaganfall hinter sich. Er zog von Wien nach Berlin, wo er fast den Boden unter den Füßen verlor. Grund genug, sich eine Auszeit zu nehmen. Dafür reiste er zu seiner 86jährigen Mutter nach Schleswig-Holstein. Zehn Wochen lang kümmerte sich die agile Frau um ihren depressiv wirkenden Sohn, der schreibend über seine letzten Jahre nachdenkt und damit wieder den Weg ins Leben findet. Während er sich in die Rolle des jüngsten Sohnes zurückzieht, zeigt uns seine Mutter, was man mit 86 noch alles auf die Beine stellen kann. Das fand ich bewundernswert! Sie ist es, die den parkähnlichen Garten zum Blühen bringt, regelmäßig zum Schwimmen geht und ihn mit ihrer Umtriebigkeit ansteckt. Sie erinnert ihn seine ersten Geschichten und löst damit seine Schreibblockade. Gleichzeitig weiß sie ihn zu beschäftigen. Die körperliche Arbeit auf den Grundstück hilft ihm bei der geistigen Regeneration. Dabei sind Erzählungen herausgekommen, in denen er sich selbst auf den Arm zu nehmen weiß. Anekdoten aus dem Theater haben mich teilweise Tränen lachen lassen. Andere Episoden dagegen wirkten ausgesprochen sentimental, fast wehleidig. Alles in allem ist er seinem Stil treu geblieben. Er übertreibt gerne, was mich aber nicht stört. Ich habe seinen Lesungen, die zusammen über zehn Stunden dauerten, jedenfalls sehr gern zugehört. Ger