
Besprechung vom 09.11.2025
Besondere Vorkommnisse
Neues von Harper Lee
Aus dem Nachlass von Harper Lee, Autorin der Südstaaten-Elegie "Wer die Nachtigall stört", sind bislang unbekannte Erzählungen erschienen ("Das Land der süßen Ewigkeit", Penguin, 25 Euro). Nach ihrem Roman über Gewalt und Gerechtigkeit im rassistischen Alabama der Dreißigerjahre hatte Lee nie wieder Prosa veröffentlichen wollen und so ihren einzigen Roman noch etwas einzigartiger gemacht. In den letzten Jahren ihres Lebens hatte Lee einen Schlaganfall erlitten, 2015, im Jahr vor ihrem Tod, war dann doch noch ein weiterer Roman erschienen, "Gehe hin, stelle einen Wächter", ein entfernter Verwandter der Geschichte, zu der "Nachtigall" werden sollte. In den Papieren in ihrer New Yorker Wohnung fanden sich die acht Kurzgeschichten, zu deren Veröffentlichung sich Lees Familie jetzt entschlossen hat. Man erkennt darin Lees große Motive wieder: Eigensinn und Lebenslügen der Südstaaten, Familien, Ausbruch aus, Rückkehr nach Alabama. Aber so wundervoll und witzig hier die Erzählerin aufblitzt, zu der Lee werden würde - interessanter sind ihre Essays, die in Nicole Seiferts Übersetzung hier ebenfalls erstmals auf Deutsch erscheinen: ein großherziges Porträt ihres Kindheitsfreundes Truman Capote von 1966, ein offener Brief an Oprah Winfrey über den Zauber des Bücherlesens von 2006 ("Es gibt Dinge, die sollten auf weichem Papier geschehen, nicht auf kaltem Metall") - und ein Kochrezept, so süß und schwer wie der Süden, den Harper Lee besang. tob
Alle Rechte vorbehalten. © Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt am Main.Es wurden noch keine Bewertungen abgegeben. Schreiben Sie die erste Bewertung zu "Das Land der süßen Ewigkeit" und helfen Sie damit anderen bei der Kaufentscheidung.