Einstieg & Atmosphäre
Das Buch beginnt unglaublich stark und intensiv. Schon das erste Kapitel hat mich so sehr überrascht und mitgerissen wie selten ein Auftakt zuvor. Die düstere, makabre Stimmung hat mich sofort gefesselt und ich wollte unbedingt weiterlesen.
Perspektiven & Erzählstil
Das Buch wird aus zwei personalen Perspektiven erzählt, einmal aus der Sicht des Todlosen und einmal aus Jessamines. Es handelt sich dabei nicht um eine Ich-Perspektive, sondern um personal-allwissende Erzähler. Durch die Fülle an inneren Monologen und intensiven Dialogen habe ich das zunächst gar nicht bewusst wahrgenommen, weil die Erzählweise sehr gefühlvoll und dicht wirkt. Obwohl ich denke, dass eine Ich-Perspektive die Nähe zu den Figuren vielleicht noch etwas verstärkt hätte, hat mich der gewählte Stil nicht gestört.
Hörbuchumsetzung
Die Hörbuchversion wird von zwei Sprechern umgesetzt, einer weiblichen und einer männlichen Stimme und ich fand die Idee, zwei unterschiedliche Erzähler zu haben, sehr gelungen. Besonders die Frauenstimme hat mir gut gefallen: Sie vermittelt Emotionen, Betonung und Stimmung sehr glaubwürdig und intensiv, wodurch die Atmosphäre der Geschichte gut eingefangen wird.
Die männliche Stimme wirkte dagegen in Dialogen oft etwas aufgesetzt, besonders wenn er Härte oder Kratzigkeit simulierte. Das hat mich gelegentlich aus der Geschichte herausgerissen. Positiv hervorheben möchte ich jedoch, dass er eine Figur wirklich hervorragend imitiert hat. Mit anderer Stimmfarbe, Klang und Betonung gelingt ihm eine sehr glaubwürdige Differenzierung.
Insgesamt hat mir die Hörbuchumsetzung gut gefallen, vor allem wegen der gelungenen weiblichen Erzählerstimme und der klaren Trennung der beiden Sprecher. Trotz kleiner Schwächen in der männlichen Dialogumsetzung unterstützt das Hörbuch die mysteriöse und intensive Atmosphäre der Geschichte sehr gut.
Figuren & Dynamik
Jessamine war für mich die spannendste Figur im ganzen Roman. Sie hätte noch viel stärker ausgearbeitet sein können, doch der Ansatz einer Entwicklung war klar erkennbar und genau das hat mir gefallen. Es ist keine riesige Transformation, aber man spürt, dass sie am Ende einen Schritt weiter ist als am Anfang. Auch die Dynamik zwischen ihr und dem Todlosen ist spannend und trägt die Geschichte über weite Strecken. Neben ihr gibt es eigentlich nur eine weitere Nebenfigur, die mir sehr ans Herz gewachsen ist und die eine schöne Ergänzung darstellt. Der Todlose hingegen blieb für mich etwas schwerer greifbar. Auch er macht eine Entwicklung durch, die mir durchaus gefallen hat, aber ich konnte keine so starke Nähe zu ihm aufbauen wie zu Jessamine oder der Nebenfigur.
Worldbuilding, Magiesystem & Logik
Die Welt, die Emma Hamm hier erschafft, hat eine düstere und raue Atmosphäre, die mir insgesamt gut gefallen hat. Dennoch bleibt vieles sehr vage und oberflächlich. Gerade im Hinblick auf den Todlosen und seine Fähigkeiten hätte ich mir mehr Klarheit gewünscht. Auch das Magiesystem wird nur angerissen. Es gibt zwar einige spannende Ideen und Andeutungen zu den Zwischenwelten, in denen der Todlose existiert, doch vieles bleibt schwammig. Dadurch hatte ich manchmal Schwierigkeiten, die Regeln und Grenzen dieser Welt nachzuvollziehen. Hier hätte ich mir mehr Struktur und Konstanz gewünscht, um die Geschichte noch greifbarer und fesselnder zu machen.
Handlung & Spannung
Die Geschichte startet unglaublich intensiv und fesselnd. Besonders angenehm fand ich, dass man als Leser nicht direkt mit sämtlichem Wissen überschüttet wird, sondern Stück für Stück kleine Aufklärungen erhält. Dadurch bleibt die Handlung zunächst sehr mysteriös, und man fühlt sich den Figuren nahe, weil sie selbst noch nicht wissen, was als Nächstes geschieht.
Für das Gesamtpaket war dieser langsame Aufbau jedoch nicht immer von Vorteil. Über weite Strecken passiert recht wenig, und der Fokus liegt eher auf inneren Konflikten, Fragen und Dynamiken zwischen den Figuren als auf dem eigentlichen Ziel der Geschichte. Das kann spannend sein, wirkt aber stellenweise auch langatmig und könnte manche Leser enttäuschen, weil Plot und Welt nicht so richtig in Fahrt kommen. Ab etwa Seite 250 ändert sich das jedoch deutlich: die Spannung steigt sowohl zwischen den Figuren als auch innerhalb der Handlung selbst. Das Ende hat mir dann ausgesprochen gut gefallen, es war packend, intensiv und hat die Schwächen des Mittelteils ein gutes Stück wettgemacht.
Fazit
The Deathless One war für mich ein solider, aber kein herausragender Auftakt. Der intensive Anfang, die düstere Atmosphäre und allen voran Jessamine, haben mir gut gefallen. Die Welt hat definitiv Potenzial, und ich glaube, dass gerade Sie in den kommenden Bänden noch viel stärker hervortreten kann. Dieses Buch allein war kein Highlight, dafür zu vage im Worldbuilding und mit einem schwachen Mittelteil, aber die Idee, die Atmosphäre und das Grundthema haben mich gecatcht. Deshalb möchte ich unbedingt weiterlesen, weil ich spüre, dass hier noch viel mehr drinsteckt.