Die südkoreanische Schriftstellerin Lee Onhwa setzt sich in ihrem Roman Kleine Wunder in der Mitternachtskonditorei mit dem Ahnenkult ihres Landes auseinander. Unabhängig von der religiösen Orientierung begleiten viele Koreaner ihre verstorbenen Angehörigen durch konfuzianische Zeremonien in ein friedvolles Jenseits. Dabei spielen auch spezielle Lebensmittel als Gabe auf den Weg eine große Rolle.
In ihrem Roman setzt sich die Autorin mit diesen Bräuchen auseinander und webt daraus eine unterhaltsame, magische Geschichte. Ihre Protagonistin Yeonhwa, eine junge Frau in den Zwanzigern, erbt von ihrer Großmutter eine Konditorei mit besonderen Aufgaben. Als Bedingung muss sie einen Monat lang ihren Kunden zwischen zweiundzwanzig Uhr und Mitternacht Wünsche erfüllen, die mit einem speziellen Zuckerwerk verbunden sind. Der Großhändler Sawohl und eine schwarze Katze stehen ihr dabei helfend zur Seite. Beide spielen eine Schlüsselrolle im späteren schrittweisen Verständnis der Handlung. Yeonhwa taucht mit jedem Tag tiefer ein in die ihr gestellte Aufgabe, lernt Schicksale Verstobener kennen und wertzuschätzen, leistet ihnen uneigennützig Hilfe bei der Erfüllung von Herzenswünschen.
Feinfühlig geführt und mit einer poetischen Feder geschrieben, taucht der Leser in eine Geschichte ein, die eine Kultur beschreibt, welche fremdartig für unser westlich geprägtes kulturelles Empfinden erscheint. Auf unterhaltsame Art lernt man jedoch zu verstehen, wie wichtig den Menschen in Südkorea ihr Ahnenkult ist. Abschließend gelingt es Lee Onhwa eine gekonnte Verbindung zwischen uralter Tradition und modernem Leben zu gestalten, was mir sehr gut gefallen hat.