Es sprechen schreiende Münde und schwarze Augen, es fühlen taube oder tote Finger und Stirne, es träumen verstümmelte und weinende Menschen.
Seitdem ich die Bücher von Herta Müller entdeckt habe, sind alle anderen Romane irgendwie wortkarg und sinnlos! Die Sprache von Niederungen ist ein erfundenes suchtigmachendes Alphabet für fühlende Menschen, die Extase erleben wenn die ausgeprägte Beobachtungsgabe von Herta Müller ihre glasfarbige Welt beschreibt. Ich lese die wunderbaren Metaphern und staune über so viele stechende Wörter, die Ersatz für die harte Wahrheit in das schwäbische Dorf des rumänischen Banats geworden sind. Die impressionistische Wahrnehmungen und die außergewöhnliche Wortwahl sind Markenzeichen für die Nobelpreisträgerin! Meine Rezension und meine gewöhnlichen Wörter können die wunderschönen paradoxischen Bilder aus dem dörflichen Universum und aus dem kindlichen Schädel der Beobachterin nicht gerecht werden. Jeder einzelne Satz ist ein Poem, jeder hässliche Gefühl und Schmerz bekommen Empfindungen, die aus der Genialität der unerträglichen Formulierungen leidende Schönheiten auf der lesenden Seele pinseln. Es sprechen schreiende Münde und schwarze Augen, es fühlen taube oder tote Finger und Stirne, es träumen verstümmelte und weinende Menschen und es ist ein Privileg diese Sprache nachspüren zu können und dadurch mich verbunden, einfühlsam und begeistert zu erleben! Für dieses Leseerlebnis braucht man Sinnen, Affinität zur ungewöhnlichen Sprache und Zeit zu verweilen und zu genießen!