Skandinavische Krimis und Thriller waren vor ein paar Jahren plötzlich extrem beliebt. An dem einen oder anderen Krimi habe ich mich versucht und sie durchaus auch genossen. Um die Thriller habe ich, da ich mich selbst, was solche Dinge betrifft, eher als zartbesaitet beschreiben würde, einen großen Bogen gemacht. Auch bei diesem Buch war ich anfangs unsicher, da es aber laut Verlag, im Bereich Belletristik eingeordnet ist, habe ich ihm eine Chance gegeben.
Die schwedische Autorin Malin Stehn hat sich bei diesem Buch entschieden, dass es aus der Ich-Perspektive erzählt werden soll. Damit die Sicht aber nicht zu einseitig wird, lässt sie die Ereignisse abwechselnd von drei Personen erzählen. Somit darf die Leserschaft tiefere Einblicke in das Seelenleben von Lollo, Nina und Frederik nehmen. Ich persönlich bin mit dem regelmäßigen Wechsel der Perspektive sehr gut zurechtgekommen. Wobei ich mir gewünscht hätte, dass man die Geschichte auch aus Sicht von Jennifer oder Smilla erleben hätte dürfen. Dies ist zwar leider nicht der Fall, dafür gibt es aber einige Rückschauen im Buch und somit erfährt man etwas mehr über die Vergangenheit von Jennifer.
Der Schreib- und Erzählstil von Malin Stehn hat mir wirklich gut gefallen. Sie hat es mit wenigen Worten geschafft, mich mit wenigen Worten in eine graue, kalte und triste Silvesternacht zu versetzen. Und dass, obwohl ich das Buch zum wahrscheinlich unpassendsten Zeitpunkt gelesen habe, nämlich bei knapp 30 Grad Außentemperatur und Sonnenschein. Das Setting des Buches hat mich angesprochen und obwohl ich noch nie in Schweden war, konnte ich die Szenarien vor meinem geistigen Auge sehen.
Mit den handelnden Personen hatte ich da eher Schwierigkeiten. Denn einerseits konnte ich ihre Handlungen und Gedanken bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen, aber war andererseits auch genervt von ihnen. Vor allem Frederik und seine weinerliche Art haben mich fast zur Weißglut getrieben. Sein ständiges Gejammer war für meinen Geschmack ein klein wenig übertrieben. Im krassen Gegensatz zu Lollo und Max, die meiner Meinung nach, das Verschwinden ihrer Tochter fast ein wenig zu leichtgenommen hat. Nina habe ich als das Bindeglied zwischen den beiden empfunden, sowohl was ihre Beziehung als auch ihre Gefühle betrifft.
Obwohl ich die Geschichte im Großen und Ganzen sehr interessant und an vielen Stellen auch spannend fand, hat sie sich doch auch ziemlich gezogen. Es wurde lange um den heißen Brei herumgeredet und falsche Spuren und Fährten gelegt, um dann die Auflösung mit einem Paukenschlag niedersausen zu lassen. Das Ende war ganz okay, hat mich aber nur bedingt zufrieden gestellt.
Wer sich auf einen packenden und vielleicht auch blutrünstigen Skandinavienthriller freut, sollte besser die Finger von dem Buch lassen, wenn man keine Enttäuschung erleben möchte. Fans von Familiendramen sollten diesem Buch aber auf jeden Fall eine Chance geben.