Die Welt der Antike war bunt. Farbreste, die an Säulen, Statuen und Stelen haften, machen gewiss, dass all das einst bemalt war. Über die Jahrhunderte verblassten die Farben, hinterließen Zeugnisse einer vergangenen Zeit in Marmorweiß und Granitgrau. Allerdings nicht überall. In Ägypten haben Fachleute eine spektakuläre Ausnahme entdeckt: Im fast 2000 Jahre alten Tempel von Esna, zirka 60 Kilometer südlich von Luxor, schälten Restauratoren jahrhundertealte Schmutzschichten von Säulen und Innenwänden - und legten so die originale Bemalung frei. Hisham El-Leithy, Christian Leitz und Daniel von Recklinghausen berichten in unserer Titelgeschichte von ihrem Projekt in Esna. Wie die drei Ägyptologen darlegen, eröffnen die neu entdeckten Farben eine bislang ungeahnte Dimension in einem Kult, der in römischer Zeit im Land am Nil existierte.