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Besprechung vom 12.12.2020
Eine Stadt, wie sie im Buche steht
Bücher über Frankfurt sind beliebt, und so hat es auch in diesem Jahr wieder eine Reihe von Neuerscheinungen gegeben, die sich mit der Geschichte, der Gegenwart und den vielen Eigenheiten der Stadt befassen. Auf dieser Seite stellen wir einige neue Bände vor. Es sind Bücher, die klüger machen, aber auch unterhalten, lohnende Lektüre für Frankfurt-Kenner und alle, die es werden wollen. Vielleicht finden einige der Werke ja sogar noch den Weg auf den Gabentisch.
Im Spiegel von gestern.
Der Blick in die Geschichte schärft das Auge für die Gegenwart - das gilt für dieses Buch in einem sehr unmittelbaren Sinn. Autor Henning Jost und Fotografin Daniela Harnisch stellen je ein historisches und ein entsprechendes aktuelles Bild von Frankfurt gegenüber. Besonders reizvoll ist das, weil auch die von Jost gesammelten Vorkriegsfotos farbig sind. Man vertieft sich in die barocke, klassizistische oder gründerzeitliche Schönheit und kann sie eins zu eins mit dem Ist-Zustand vergleichen. Zur Bewunderung gesellt sich die Wehmut, aber auch ein vertieftes Verständnis der - nicht immer misslungenen - Nachkriegsbebauung.
trau.
"Frankfurt - Gestern | Heute in Farbe" von Henning Jost und Daniela Harnisch, Wartberg-Verlag, 72 Seiten, 16,90 Euro.
Mit guter Laune unterwegs.
Kann sein, dass es schon anspruchsvollere "Merian"-Hefte über Frankfurt gegeben hat. Das neueste ist ein Gute-Laune-Magazin, das die schönen Seiten der Mainmetropole und der Region zeigt, mit vielen Hinweisen auf Apfelwein-Kneipen, Restaurants und Hotels. Zur Frankfurter "Genuss-Meile" wird die Braubachstraße ausgerufen, empfohlen wird eine Radtour von Seligenstadt bis zur Mündung des Mains in den Rhein, die verborgenen Schönheiten Offenbachs werden gepriesen. Alles nicht originell, aber in diesen trüben Tagen das richtige Heft, um sich aufs Frühjahr in dieser wunderbaren Region zu freuen, wenn hoffentlich wieder etwas mehr buntes Treiben erlaubt ist als derzeit.
mak.
Merian Frankfurt & Rhein-Main, Jahreszeiten-Verlag, Hamburg 2020, 9,90 Euro.
Lesen und mitdiskutieren.
Zu den spannendsten Fragen der Stadtpolitik gehört die nach der Zukunft der Paulskirche. Das Gebäude, in dem vor bald 175 Jahren die Frankfurter Nationalversammlung tagte, soll zu einem modernen Erinnerungsort der Demokratie werden. Wie genau das geschehen soll, ist allerdings offen. Wer sich an der Diskussion beteiligen will, findet in diesem Buch, das auf einem Symposion basiert, eine Fülle von Lesestoff. In neun Beiträgen beleuchten ausgewiesene Fachleute die Geschichte des Baus, das Wesen und die Nachwirkungen der Nationalversammlung und die Rolle der Paulskirche als Ort der Erinnerungskultur.
trau.
Die Frankfurter Paulskirche - Ort der deutschen Demokratie von Evelyn Brockhoff, Alexander Jehn und Franziska Kiermeier, Societäts-Verlag, 160 Seiten, 15 Euro.
Sprechende Bilder.
Der Frankfurter Fotograf Lutz Kleinhans (1926 bis 2011) war neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit für die Frankfurter Allgemeine Zeitung von 1967 bis 1989 auch Hausfotograf der Deutschen Bank. Seine Bilder über das öffentliche Auftreten des Vorstands, über Gebäude, Hauptversammlungen und gesellschaftliche Ereignisse sind nicht nur Einblicke in das Innenleben der Bank, sondern auch Dokumente der Zeitgeschichte, die das wirtschaftliche wie das gesellschaftliche Leben am Finanzplatz Frankfurt widerspiegeln. In Anlehnung an den 150. Jahrestag der Gründung der Bank enthält der Bildband ebenso viele Fotos.
ddt.
150 Momente der Deutschen Bank fotografiert von Lutz Kleinhans, herausgegeben von der Historischen Gesellschaft der Deutschen Bank, Societäts-Verlag, 196 Seiten, 25 Euro.
Jahrzehnt des Aufbruchs.
Die sechziger Jahre waren mehr als das, was unter der Chiffre 1968 zusammengefasst wird. Es war eine Zeit des gesellschaftlichen Aufbruchs, der sich in Frankfurt wie in kaum einer anderen Stadt manifestierte: Kennedy in der Paulskirche, der Bau von U-Bahn und Nordweststadt, Handkes "Publikumsbeschimpfung" im TAT, die Auschwitz-Prozesse und natürlich auch die Proteste von den Ostermärschen bis zur Besetzung der Goethe-Universität. Die Ausstellung "Bewegte Zeiten" im Institut für Stadtgeschichte lässt dies alles in Wort und Bild Revue passieren, Markus Häfner hat den Begleitband um weitere Objektfotografien und Abbildungen aus dem Archiv ergänzt.
trau.
Bewegte Zeiten: Frankfurt in den 60er Jahren von Markus Häfner, Societäts-Verlag, 192 Seiten, 18 Euro.
Literarischer Streifzug.
Frankfurtern ist ihr großes Dorf natürlich ein liebreizender Ort, während Eingeplackte oder Durchreisende vielleicht doch erst noch den zweiten Blick zum Verlieben brauchen. Das gelingt gewiss beim Flanieren durch die Straßen, aber auch vom bevorzugten Leseort aus, wenn man dem von Isabella Caldart zusammengestellten literarischen Streifzug durch die Stadt folgt. Da geht es mit Eva Demski in die Kleinmarkthalle, mit Robert Gernhardt durch den Grüngürtel, mit Orhan Pamuk auf die Münchner Straße, mit Peter Kurzeck durch Bockenheim und mit Andreas Maier zum Apfelwein. Die Auszüge aus Romanen, Erzählungen und Gedichten fügen sich zu einem bunten Querschnitt der Stadt, die mehr ist als nur Banken und Rotlichtmilieu.
cfr.
Frankfurt: Zum Verweilen von Isabella Caldart (Hrsg.), Philipp Reclam jun. Verlag, 112 Seiten, 10 Euro.
Architektur für Radfahrer.
Wer ein Geschenk für an Architektur interessierte Radfahrer sucht, der wird bei diesem Städteführer fündig. Die Autoren haben sich fünf Städte in der Region genauer angesehen und auch die Landschaftsräume dazwischen. In und zwischen Frankfurt, Offenbach, Wiesbaden, Mainz und Darmstadt werden 330 Orte kundig beschrieben. Die Verfasser präsentieren auch ungewohnte Orte, empfehlen Rundgänge und Radtouren. Essays und spannende Porträts ergänzen die kurzen Texte. Ein hilfreiches Register erleichtert die Handhabung. Illustriert ist das Buch mit Architekturfotos und faszinierenden Luftbildern.
rsch.
Architekturführer Metropolregion Frankfurt Rhein-Main von Anna Scheuermann, Andrea Schwappach und Paul-Martin Lied, DOM Publishers, 500 Seiten, 48 Euro.
Für gründliche Leser.
Kunsthistorisch interessierte Leser, die tief in die Frankfurter Stadtund Baugeschichte einsteigen wollen, liegen mit diesem Bändchen richtig. Adrian Seib, ein Kunsthistoriker und Kirchenkenner, führt sie zunächst auf elf Seiten von der Gründung der Stadt bis in die Gegenwart. Nach diesem gründlichen Überblick über die Stadtgeschichte nimmt er die Leser mit auf Rundgänge durch Alt- und Innenstadt, führt sie aber auch in die Gründerzeitviertel und entlegenere Stadtteile bis in die May-Siedlungen. Zum Schluss folgen Abstecher nach Wiesbaden und Darmstadt, die naturgemäß etwas kürzer ausfallen müssen. Karten erleichtern die Orientierung.
rsch.
Reclams Städteführer Frankfurt am Main. Architektur und Kunst von Adrian Seib, Philipp Reclam jun. Verlag, 197 Seiten, 12,80 Euro.
Sichtbare Geschichte.
Kaum etwas ist faszinierender als historische Karten. An ihnen wird sichtbar, wie der Mensch sich die Erde erschlossen und sie gestaltet hat, sie zeigen den Aufstieg und den Fall von Herrschern und Gesellschaften, und viele sind auch ästhetisch reizvoll. Eine zugleich chronologisch und thematisch geordnete Fülle von Karten von Frankfurt und Rhein-Main versammelt dieses Buch und kommt dabei doch an seine Grenzen: Auf manchen Karten ist in dem für die Reproduktion verkleinerten Format kaum noch etwas zu erkennen.
trau.
Frankfurt und Umgebung auf historischen Karten von Frank Berger, Sabine Hynek, Peter Maresch, Michael Rothmann und Felicitas Schmieder, Societäts-Verlag, 176 Seiten, 30 Euro.
Auf Entdeckungsreise.
Nadja Mayer hat ihrer Heimatstadt eine 240 Seiten starke Liebeserklärung verfasst. Genauer sind es ganz viele Liebesbriefchen an ausgewählte Orte in der Stadt, Lieblingsorte eben. Wer Frankfurt nur als Besucher kennt, wird dank Mayers in Stadtteile rubrizierter Empfehlungen zahlreiche Entdeckungen machen können: Sehenswürdigkeiten, Cafés, Restaurants, Bars, Geschäfte. Aber auch Frankfurt-Kenner finden etliche Anregungen, ihre Stadt wiederzuentdecken. Mayers mit Fotografien von Jochen Peter illustrierte Texte sind kenntnisreich, aber auch stets mit einer sehr persönlichen Note geschrieben, die unterstreicht, warum die Autorin den jeweiligen Ort liebt.
cfr.
Lieblingsorte: Frankfurt von Nadja Mayer, Insel Verlag, 240 Seiten, 12,95 Euro.
Konfliktreiche Beziehungen.
Frankfurt ist eine der jüdischsten Städte Deutschlands. Die Gemeinde spielt eine aktive Rolle in der Stadtgesellschaft, das neue Jüdische Museum zeigt sowohl die lange Geschichte jüdischer Bürger als auch deren Gegenwart. Dass es die gibt, stand einst auf der Kippe. Nach dem Terror der Nationalsozialisten sah es eine Weile so aus, als wäre das jüdische Leben vollends entwurzelt. Doch es kam anders. Tobias Freimüller zeichnet die konfliktreiche Geschichte mit Neuanfängen, Brüchen, Fremdheit und Freundschaft von der Nachkriegszeit bis zum Wiedererwachen des jüdischen Selbstbewusstseins in dem detaillierten Buch nach.
weth.
Frankfurt und die Juden von Tobias Freimüller, Wallstein-Verlag, 568 Seiten, 44 Euro.
Zum Staunen und Erinnern.
Die Achtziger sind noch gar nicht so lange her. Umso schwieriger ist es, aus einem Jahrzehnt, in dessen Bauwerken man noch lebt und arbeitet, eine Auswahl zu treffen und zwischen zwei Buchdeckel zu pressen. Wilhelm Opatz hat die Herausforderung angenommen und in seinem Buch, das ikonographische Bauwerke der achtziger Jahre in Frankfurt präsentiert, auch das Lebensgefühl jener Jahre eingefangen. Das liegt nicht nur an den Detailaufnahmen, sondern auch an den ergänzenden Aufsätzen. Ein Buch zum Staunen und Erinnern. Es ist das vierte in der Reihe zur Frankfurter Architektur. Man sollte alle haben.
rsch.
Frankfurt 1980-1989 von Wilhelm Opatz und Freunde Frankfurts (Hrsg.), Junius Verlag, 208 Seiten
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