Auf den Klappentext gehe ich nicht weiter ein, der ist sicher mittlerweile hinreichend bekannt.Es fällt mir immer schwer, eine schlechte Bewertung bei Büchern abzugeben, weil ich weiß, wie viel Herzblut und Arbeit darin steckt. Leider muss es manchmal dennoch sein.Ich habe das Buch innerhalb von zwei Tagen durchlesen können, es ist sehr flüssig geschrieben und der Stil ist eher einfach. Das soll keinen Kritikpunkt darstellen; genau genommen hat es meine Erwartungen an ein YA-Buch hier genauestens erfüllt.Zu den Charakteren:Norah ist ein typisches graues Mäuschen, das ohne ihre beiden besten Freundinnen wahrscheinlich nicht hinter ihrem Bücherstapel hervorkriechen würde. Sie ist 18 Jahre alt, Ersti an der Brown und noch Jungfrau. Daran ist nichts verwerflich, ich schreibe das nur, weil es im weiteren Verlauf des Plots relevant ist. Sie geht zwar gerne aus, wenn sie von Brooke und Lydia mitgenommen wird, allerdings kann sie dem Partymachen nicht so viel abgewinnen. Alles in allem ist sei eine richtige Überfliegerin. Fünf Kurse am College, einen Job in der Buchhandlung und außerdem arbeitet sie bei der Uni-Zeitschrift, wo sie auch sofort durchstartet. Bereits drei Jahre später hat sie einen Abschluss in der Tasche und ist Außenkorrespondentin bei einem Fernsehsender in New York City.Ich hatte Schwierigkeiten, eine Beziehung zu ihr aufzubauen, weil sie so perfekt ist. Sie kann alles, sie will alles und ist dennoch total naiv und sieht manchmal den Wald vor lauter Bäumen nicht. Sie war zwei Jahre mit ihrem Exfreund zusammen, hat nicht mit ihm geschlafen, aber Max lässt sie bereits nach ein paar Dates ran.Max ist kein Bad-Boy, auch wenn der Klappentext suggeriert, dass er wahllos die Herzen von willigen Mädchen bricht. Das stimmt nicht. Ja, er v*gelt sich durch die halbe Uni, ist dabei den Mädchen gegenüber aber stets ehrlich und sagt, dass er nicht mehr als das von ihnen will. Er war noch nie verliebt und hatte noch nie eine Freundin - aber Norah ist natürlich die Richtige, mit der er auf jeden Fall zusammen sein möchte und der er heiße Liebesschwüre ins Ohr flüstert. Leider liest sich das sehr überstürzt und derart konstruiert, dass ich Probleme hatte, die Beziehung der beiden ernst zu nehmen. Immerhin scheint er schöne, grüne Augen zu haben. Ich weiß nicht, wie oft die Autorin dies in dem Buch erwähnt, ich habe erst ab Seite 186 angefangen, mitzuzählen und von dort bis zum Schluss komme ich auf sage und schreibe elf Mal.Brooke, Lydia und Rachel kann man mehr oder weniger zusammenfassen. Sie sind typische Nebenfiguren, die leider ein wenig blass bleiben. Einzig Brooke bekommt einen wichtigen Plotpoint, der aber leider vollkommen überflüssig ist und nicht notwendig gewesen wäre. Dazu später mehr, weil Spoiler.Ich mache mir selten Notizen bei Büchern, aber da ich dieses rezensieren wollte, habe ich es dennoch mal getan. Leider haben sich so viele kleine Logikfehler eingeschlichen, dass ich zwischendrin wirklich versucht war, das Buch einfach wegzulegen.Norah ist 18, ihre beiden Freundinnen sind 19. Dass die drei auf Collegepartys Alkohol trinken - geschenkt. Das kennt man aus Filmen und entspricht auch der Realität. Dass sie allerdings in Clubs gehen, dort Cocktails schlürfen und Norah zu ihrem Geburtstag eine Flasche Sekt geschenkt bekommt, ist sehr unwahrscheinlich. Es wird nirgends erwähnt, dass die drei Fake-IDs haben und das legal drinking age in den USA ist immer noch 21.Norah fängt gerade erst an zu studieren, kennt sich auf dem Campus noch nicht aus, kennt aber schon ihre Kommilitonen mit Namen, bevor die ersten Kurse stattgefunden haben. Das ist seltsam. Überhaupt: warum studieren all ihre Bekannten an der Brown? Aaron (ihr Ex), ihr Bruder, ihre beiden besten Freundinnen? Alle an derselben Uni? Das ist in den USA sehr unüblich. Bruder und Schwester, okay, vor allem, wenn es in der Familie schon immer so war. Ansonsten ist es unwahrscheinlich, dass alle dort akzeptiert worden sind.Sie freut sich, dass sie bei der Zeitung endlich wieder schreiben kann, das hat sie "seit der Highschoolzeit" nicht mehr getan (S. 32). Ihre Zeit auf der Schule ist gerade mal ein paar Monate her...Warum hat Rachel Norah nicht erzählt, dass Max auch beim Herald arbeitet? Sie ist Norahs Mitbewohnerin und Max' Schwester. Stattdessen hat sie Norah nicht vorgewarnt. Warum heißt der Chefredakteur der Zeitung Klaus? Das ist ungewöhnlich, nicht unmöglich, aber die Herkunft des Namens oder der Figur wird nicht genauer erklärt.Bei der ersten Schlägerei zwischen Aaron und Max ist Rachel erst noch an Norahs Seite, dann ist sie auf einmal verschwunden und kriegt nichts davon mit, dass ihr Bruder sich prügelt? Und wenn Drew so ein guter Kerl ist, warum begleitet er Norah danach nicht nach Hause?Norah erwähnt, dass sie und Clark an Thanksgiving nach Hause fliegen wollen - "Der Superbowl steht an." Nein. Thanksgiving ist im November, der Superbowl in der Regel im Februar. Sowas sollte einer Lektorin auffallen (selbst wenn man, wie in der Danksagung erwähnt, noch so viel Zeitdruck hatte). Noch dazu lässt Norah dieses wichtige Familienevent sausen, um mit ihrem Freund, den sie erst seit kurzem kennt, spontan campen zu gehen. Eher unrealistisch; Thanksgiving ist einer der wichtigsten Feiertage in den USA, den lässt man nicht einfach sausen. Zweitens würden die beiden niemals spontan irgendwo einen Platz zum Campen bekommen.+++ AB HIER SPOILER +++Brookes Tod trägt meiner Meinung nach überhaupt nicht zu der Story bei und hat lediglich einen Shocking-Effect. Zudem wird er viel zu trivial dargestellt. Die Autorin benötigt grob geschätzt 150 Seiten, damit Norah und Max in die Puschen kommen und arbeitet dann den Tod innerhalb von ein paar Seiten ab. Hier fehlt mir auch total das Gefühl. Es ist sehr viel beschrieben, aber sehr wenig Raum zum Fühlen.Lydia hat nach Brookes Tod sofort eine neue Mitbewohnerin (warum? Ihre Eltern sind reich und es besteht keine Notwendigkeit für Lydia, sich die Wohnung teilen zu müssen). Auch hier ist die Norahs Reaktion, als sie erfährt, dass Lydia im Krankenhaus ist, eher unpassend. Entweder ist sie geschockt, oder sie kann sich zusammenreißen. Ein bisschen mehr Einblick ins Innenleben wäre gut gewesen. (S. 184)Die versuchte Vergewaltigung durch Aaron kommt sehr konstruiert daher (Lichterkette hängt nicht richtig, das muss Norah natürlich sofort in Ordnung bringen). Da hätte ich mir einfach gewünscht, dass - wenn er sie schon zweimal bedrängen muss - es einfach irgendwann im Dunkeln auf dem Campus tut. Sie gehen auf die gleiche Uni, da läuft man sich doch bestimmt mal über den Weg oder er kann ihr auflauern. Dass er es bei so einem Festakt tut, muss natürlich sein, damit Kameras dabei sind, die Max filmen, der daraufhin Reißaus nimmt, weil man ihm nach dem Leben trachtet.Dass Drew drei Jahre später schon Arzt in New York City ist, ist auch etwas überraschend. Er ist zwar älter als Norah (kennt sich zumindest auf dem Campus besser aus), aber es wird nirgends erwähnt, wie viel. Dass er dann einfach mit einem abgebrochenen Telefonat abgefrühstückt wird und sich nie wieder bei Norah meldet, sondern einfach verschwindet, fand ich unglaubwürdig und auch schade. Da hätte ich mir eine andere Auflösung gewünscht.Ich fand es sehr unglaubwürdig, dass Max/Austin ein Auto klaut, um damit nach NYC zurückzufahren, nur, damit Norah vom Strandhaus weg kommt. Sie kann sich doch ein Taxi rufen. Dass eine ehemalige Mitschülerin eine Vermisstenanzeige zu Rachel/Lana und Max/Austin aufgibt, die dann aber nicht weiter verfolgt, obwohl sie weiß, dass Max jedes Jahr zum Friedhof geht, um das Grab seiner Eltern zu besuchen, ist auch etwas seltsam. Wieso wartet sie nicht dort auf ihn und schaut, ob er dort auftaucht?Clark ist ein gefragter Anwalt, kann sich aber eine Wohnung alleine nicht leisten? Das ist unglaubwürdig.Dass Lydia, das Modepüppchen, dann irgendwann zur Polizei geht und sich innerhalb kürzester Zeit zum FBI hochgearbeitet hat, kommt ebenso konstruiert daher. Es ist natürlich für das Ende wichtig. Dass das NYPD und das FBI allerdings angeblich schon lange hinter dem Mafiaboss her sind und nie die Verbindung zu dem alten Fabrikgebäude gesehen haben, bis zu dem Zeitpunkt, an dem Norah und Lydia telefonieren, ist hanebüchen. Sorry.Dass Norah am Ende die Retterin aller Beteiligten ist, passt zu ihrem Überflieger-Dasein. Was es leider nicht wenig unglaubwürdig macht. An der Stelle habe ich mich noch gefragt, woher sie Frankys Namen kannte, der in ihren Gedankengängen auftaucht. Max/Austin kannte ihn. Norah hingegen nicht.+++ SPOILER ENDE +++Alles in allem fand ich die Figuren zu platt und zu klischeehaft. Ja, ich weiß, es handelt sich um ein YA-Buch und da gibt es nun mal Klischees. Taxifahrer mit Indischen Wurzeln (dass Norah das mit einem Blick beurteilen kann, wundert mich!) müssen heutzutage nun wirklich nicht mehr sein. Ist vielleicht dem Umstand geschuldet, dass das Buch ursprünglich 1999 geschrieben worden ist, aber auch hier hätte ich mir gewünscht, dass dies der Lektorin etwas sauer aufstößt.Die Figuren handeln insgesamt sehr überstürzt oder unüberlegt, nicht passend zu ihrem Charakter. Einige Formulierungen sind wirklich schmalzig. Ich hatte bei der Lektüre nie das Gefühl, große Gefühle zu lesen, sondern große Plattitüden. Schmetterlinge im Bauch, die eine Liebe, für die sich alles lohnt, etc. Es war einfach zu viel.Zu den genannten Logikfehlern haben sich auch einige Tipp- und Interpunktionsfehler eingeschlichen, Absätze fehlten in wörtlicher Rede, es gibt einige seltsame Satzkonstruktionen: "Zwar würde ich mich als Partymaus nicht bezeichnen" (S. 13) oder "Das Leben ist, wie wir gesehen haben, sehr kurz." (S. 189)Es tut mir wirklich leid, ich wollte, ich könnte Besseres über dieses Buch sagen, das der Autorin offenbar sehr am Herzen lag, sonst hätte sie es nach Jahre nicht noch veröffentlicht. Einige dieser Fehler hätte eine gute Lektorin entdeckt und ausmerzen können, da bin ich mir sicher. Ich weiß nicht, ob es hier tatsächlich am Zeitdruck liegt, aber immerhin wird erwähnt, dass man zusammen die "Deadline gerockt" hat. Das kommt für mich leider nicht so rüber.Ich habe noch ein weitere Buch der Autorin im Regal. Ich hoffe, dass ich mich dort den positiven Rezensionen anschließen kann. Alles in allem bin ich froh, dass ich dieses Buch gebraucht erstanden und nicht den vollen Preis gezahlt habe, sonst würde ich mich wahrscheinlich sehr ärgern. Vor allem, dass LYX dieses Buch in der Form verlegt hat. Für die Autorin tut es mir sehr leid. Die Geschichte hatte viel Potenzial, das nicht ganz ausgeschöpft worden ist, weil sie entweder zu viel wollte oder zu wenig Raum (nur ein Buch anstatt einer Reihe) dafür bekommen hat.