Etwas langatmig, typisch McEwan
Bernhard Schlinks "Das Wochenende" erzählt von einem Wiedersehen unter alten Freunden, das längst vergangene Ideale und unausgesprochene Schuldgefühle ans Licht bringt. Im Mittelpunkt steht Jörg, ein ehemaliger RAF-Terrorist, der nach über zwanzig Jahren Haft entlassen wird. Seine Schwester organisiert ein gemeinsames Wochenende auf dem Land, um ihn wieder in den Kreis der alten Bekannten einzuführen. Doch was als versöhnliches Treffen gedacht ist, wird schnell zu einem stillen Tribunal.Schlink zeichnet seine Figuren mit großer psychologischer Genauigkeit. Jede und jeder der Anwesenden trägt eigene Enttäuschungen, verpasste Chancen und alte Verletzungen mit sich. Zwischen Gesprächen über Politik, Verantwortung und persönliche Freiheit entfaltet sich ein dichtes Geflecht aus Nähe und Abwehr, aus Nostalgie und moralischer Müdigkeit. Das Haus auf dem Land wird zum Schauplatz einer Generation, die an ihren Überzeugungen und an der Zeit gescheitert ist.Sprachlich bleibt Schlink, wie man ihn kennt, ruhig und kontrolliert. Sein Stil ist unaufgeregt, beinahe kühl und gerade dadurch entsteht eine leise Spannung. Er wertet nicht, sondern lässt seine Figuren und ihre Widersprüche für sich sprechen. Dabei gelingt es ihm, das große Thema, die Auseinandersetzung mit Schuld und Verantwortung, in eine sehr persönliche, menschliche Dimension zu bringen."Das Wochenende" ist kein Buch, das laut auftrumpft. Es lebt von Zwischentönen, vom Schweigen zwischen den Sätzen. Wer Schlinks "Der Vorleser" kennt, wird auch hier den moralischen Ernst und die stille Nachdenklichkeit wiederfinden, wenn auch in einer anderen, reiferen Form. Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass weder die Vergangenheit noch die Ideale je ganz zu bewältigen sind, sie begleiten uns, wie alte Bekannte, die man nie ganz loswird.