Nach Jahren in der Stadt kehrt Xenia zurück in ihr Heimatdorf, scheinbar für eine Pause vom Studium, tatsächlich aber, weil sie ungeplant schwanger ist. Das Dorf hat sich verändert, und doch scheint alles wie immer. Die raue Stille, die unausgesprochenen Regeln, die Macht derer, die sich über Recht hinwegsetzen. Im Zentrum dieser dörflichen Ordnung: der Burgherr, eine mysteriöse, fast unheimliche Figur, die Kontrolle ausübt, ohne sich die Hände schmutzig zu machen.Christoph Poschenrieder erzählt von einem Dorf, das zwischen dem Wunsch nach Zusammenhalt und dem Drang zur Ausgrenzung schwankt. Als Geflüchtete in der alten Schule untergebracht werden, zeigen sich die Risse im Zusammenleben. Die Stimmung kippt und mit ihr Xenias Glaube an einen vernünftigen Dialog. Zwischen anonymem Hass, familiären Spannungen und der Verantwortung für ein ungeborenes Leben sucht sie nach Haltung und Heimat.Was den Roman besonders macht, ist seine atmosphärische Dichte. Die Sprache ist ruhig, präzise, mit einer unterschwelligen Dringlichkeit, die einen durch das Buch trägt. Und dazwischen blitzen literarische Spiegelungen auf, etwa in der Anlehnung an Jeremias Gotthelfs Novelle "Die schwarze Spinne", deren Motive subtil in die Erzählung eingewebt sind. Die Bedrohung nimmt allegorische Züge an. Spinnen tauchen auf, Gift verteilt sich lautlos, das Unheil nistet sich ein, nicht nur in den Ecken des Dorfs, sondern auch in den Köpfen.Xenia ist eine glaubwürdige, ambivalente Figur: verletzlich, aber nicht schwach, klug, aber voller Zweifel. Ihre Entwicklung wirkt nie aufgesetzt, sondern leise, tastend, wie alles in diesem Roman, der viel Raum lässt zum Nachdenken.