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Besprechung vom 21.11.2019
Vom Glück im Suppenteller
"Wenn sich ein Mensch von zu Hause aufmacht und immer weiter geht, kommt er eines Tages an seine eigene Tür zurück", liest man bei John Mandeville, einem der berühmtesten mittelalterlichen Pilger: glücklich, wieder daheim zu sein, geläutert und mit einer anderen Sicht auf die Welt. Ganz ähnlich hat das Dagmar Höner erfahren - und deklariert ihr Buch im Untertitel als "Liebeserklärung". Ob Camino de Santiago, Via Baltica, St. Olavsweg oder die Strecke von Dinslaken nach Holzwickede zu einer der ältesten evangelischen Kirchen Deutschlands: Wandern boomt - und damit die Lust, sich der Magie der elementarsten Form des Unterwegsseins auf die Spur zu setzen. Natürlich sind auch spirituelle Sehnsüchte Auslöser für derlei Abenteuer. Viel öfter aber werden die kleinen Freuden zum Höhepunkt solcher Touren: das Gefühl der Dankbarkeit für ungewöhnliche Begegnungen, für eine Dusche nach einem anstrengenden Tag und einen Teller Suppe in der Herberge. Oder auch das Erlebnis, dass Beine und Arme kräftiger werden und der Rucksack nicht länger auf die Schultern drückt. Vor allem ist Pilgern ein Heraussteigen aus dem Gewohnten: die Erlaubnis, offline zu sein und bei sich selbst anzukommen. Und dies auf Straßen, auf denen Menschen seit ewigen Zeiten entlangziehen. Ein Gefühl des großen Aufgehobenseins entsteht, das fast schon Suchtcharakter hat. Also Achtung: Dagmar Höners vergnüglich geschriebenes Buch könnte Lesern gefährlich werden.
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"111 Gründe, pilgern zu gehen - Eine Liebeserklärung" von Dagmar Höner. Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag, Berlin 2019. 272 Seiten, zahlreiche Fotografien. Broschiert
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