Der Zerfall einer privilegierten Familie geht einher mit dem Zerfall einer privilegierten Gesellschaft
Das Original dieses Romans des südafrikanischen Autors, der in englischer Sprache schreibt, erschien im Jahr 2021 unter dem Titel "The Promise". Die gesamte Geschichte erstreckt sich über einen Zeitraum von über 30 Jahren und ist in vier Teile gegliedert, die in unterschiedlichen Jahren stattfinden. In jedem der Teile kommt ein Familienmitglied der fünfköpfigen, weißen Farmerfamilie Swart ums Leben, beginnend bei der Mutter Rachel im Jahr 1986. Im ersten Teil herrscht in Südafrika daher noch Apartheid, die bereits im zweiten Teil 1995 vergangen ist, zumindest formal. Durch alle vier Teile zieht sich wie eine Art Mahnmal das Versprechen, das die todkranke Mutter 1986 ihrem Mann abgerungen hat, nämlich der schwarzen Haushälterin Salome das Haus, das sie bewohnt, zu überschreiben, weil Salome sie lange Zeit gepflegt hat. Das Versprechen wird nie erfüllt, einzig die jüngste Tochter Amor, die es gehört hat, zeigt Interesse an seiner Erfüllung, verfolgt sie jedoch auch nicht konsequent. Vielmehr verlässt sie die Familie und kehrt immer nur zu Beerdigungen wieder zurück. Der Roman wird von einem allwissenden Erzähler abwechselnd aus dem Blickwinkel verschiedener Personen erzählt, deren jeweilige Sicht auf die Geschehnisse der Erzähler wiedergibt. Allen Personen ist gemeinsam, dass sie ihre Gewissheiten verlieren, nicht erst durch die dramatischen politischen und gesellschaftlichen Veränderungen, aber durch diese noch verstärkt. Einzig Amor bleibt sich, obwohl sie sich im Leben am weitesten von der Familie entfernt, in der Sache mit dem Versprechen treu. Der Autor beschönigt nichts, das Ende der Apartheid wird nicht glorifiziert, sondern die teils drastischen, unangenehmen Folgen werden geschildert. Allein dieses Ende aus der Sicht der privilegierten weißen Oberschicht zu erzählen, ist ein Hinweis darauf. Dabei macht er jedoch auch stets deutlich, dass es sich dabei letztlich nur um einen Verstärker handelt. Anton hätte auch ohne diese Veränderungen versagt.Einzig die Person Salomes als oft schlecht oder ungerecht behandelte schwarze Dienstmagd, die dennoch stets fleißig, treu und ergeben für ihre "Herrschaft" da ist, erscheint mir ein bisschen arg klischeehaft geraten.Ein trefflicher Satz zur Beschreibung der Situation der schwarzen Menschen in der südafrikanischen Apartheidsgesellschaft: "Sie sahen mich nicht. Ich war wie eine Schwarze für sie." (Luchterhand Verlag, gebunden, 1. Aufl. 2021, S. 31)Ein Roman, den zu lesen ich jedem empfehlen kann. Vier Sterne.