Artemis hat ein Problem: die Menschen beten sie nicht mehr an und kein einziger ihrer Tempel hat es bis in die Gegenwart geschafft. Und um das alles noch schlimmer zu machen schickt ihr Vater Zeus sie mit einem Ultimatum auf die Erde: Entweder es gelingt ihr vor der Eröffnung der Olympischen Spiele in Berlin die keryntische Hirschkuh zu fangen. Keine leichte Aufgabe im modernen Deutschland ...
Nun, noch ist nicht klar (zumindest habe ich nichts dergleichen finden können im Internet), ob Berlin 2036 oder 2040 die Olympischen Spiele austragen wird oder nicht. Angesichts der Geschichte Deutschlands, und wenn ich persönlich die Wahl zwischen den beiden Terminen hätte, würde ich persönlich eher für 2040 stimmen, denn 2036. Aber das ist meine persönliche Wahl, zudem halte ich nicht wirklich viel von diesen Sportevents, also lassen wir dieses Thema und die möglicherweise sehr politischen Debatten dazu mal außen vor und nehmen einfach an, es werde diese Spiele geben in einer nahen Zukunft.
Artemis, die sich so überhaupt gar nicht in der modernen Welt zurecht findet bringt einen erst einmal zum Schmunzeln. Autos sind für sie Käfige, Wind- und Seitenscheiben magische Unsichtbarkeit. Handys sind kleine leuchtende Kästchen ... wie gesagt, es brachte mich an mehr als einer Stelle zum Schmunzeln, wie die jungfräuliche Jägerin verzweifelt versucht, Kontakt herzustellen unter der Prämisse, dass sich die Menschheit doch nicht so sehr verändert haben kann - oder etwa doch? Nun, sie hat.
Dank des Mitleids und der Dankbarkeit Phoebes, einer Bibliothekarin, und ihrer Schwester findet Artemis dann doch Hilfe. Nur dass Phoebe an mehr als einer Stelle ihre Hilfsbereitschaft sehr bereuen wird. Innerhalb kürzester Zeit herrscht im Haushalt der Schwestern pures Chaos, der darin mündet, dass Phoebe sogar ihren Job verliert dank Artemis. Die nämlich lässt voll und ganz die Göttin raushängen mit allem, was dazu gehört.
Hier zeigt Dunkel einmal mehr ihre Stärke: Artemis beginnt allmählich zu zweifeln an sich selbst. Ja, sie ist eine Göttin, ja, sie ist unsterblich, aber ist sie auch allmächtig? Als dann auch noch ihr Zwillingsbruder Apollon auftaucht, ist sie vollkommen zerrissen. Einerseits freut sie sich über die plötzliche Hilfe, andererseits aber bemerkt sie sehr schnell, dass Apollon nicht nur wegen ihr in Berlin eintrifft, sondern mehr als ein Auge auf Phoebe geworfen hat. Etwas, was eine jungfräuliche Göttin natürlich überhaupt nicht gebrauchen kann mitten in einer wichtigen Aufgabe.
Und Phoebe? Die sitzt zwischen allen Stühlen: ihre Schwester will, dass sie diese beiden Götter möglichst schnell und schmerzlos vor die Tür setzt - vor allem Artemis. Apollon, in den sie sich sehr schnell verliebt und der ihr eben auch nicht abgeneigt ist. Und dann ist da natürlich noch Artemis, einen Moment lang am Boden zerstört, im nächsten egozentrische Göttin.
Charakerentwicklung kann Dunkel, und das sehr gut. Dabei bleibt ihr Stil leicht und auch humorvoll, was mir schon in ihren früheren Romanen aufgefallen ist. Ich habe immer Schwierigkeiten mit der Ich-Perspektive, aber bei dieser Autorin fällt es mir relativ leicht, mich darauf einzulassen.
Wenn ich überhaupt etwas zu bekritteln habe, dann den Umstand, dass Artemis keine Probleme hat, moderne Schrift zu lesen. Sie ist eine griechische Göttin, sie sollte das Schriftsystem der alten Griechen lesen können, aber nicht die modernen Buchstaben. Das hat mich zu Beginn ziemlich verwirrt. Dass es ihr als Göttin vielleicht leichter fällt sich umzustellen und schnell lernt, das hätte ich noch verstanden.
Mit einem Schmunzeln muss ich gestehen, dass mir die moderne Handhabung von Social Media und dem Internet in diesem Roman sehr gut gefällt. Dass Artemis am Ende behauptet, ihr Tempel stehe jetzt bei Instagram hat mich wirklich zum Lachen gebracht. Und der Trick mit den PC-Spielen war wirklich sehr gut. Auf diese Idee wäre ich nie gekommen, allerdings bin ich auch kein Gamer. Aber es machte Sinn, dass Artemis sich als solche entpuppte.
Am Ende bleibt ein kurzweiliges Vergnügen mit einer nicht zu deftigen Love-Story und einer geläuterten Göttin. Ein wirklich gelungener Roman, genau das richtige für einen Sommertag auf dem Balkon oder am Strand.